„Dass wir den ersten Platz bei den Top 5 Start-ups 2023 der RUB erreicht haben, zeigt uns, dass wir auf dem richtigen Weg sind.“

v.l.n.r.: Dr. Yicheng Wang, Dr. Celia Millon und Marc Leonard Leineweber (nicht auf dem Bild: Dr. Denizhan Kesim)
© Marc Leonard Leineweber

Bereits vor seinem Markteintritt hat das Gründungsteam von HoLa für Schlagzeilen gesorgt: Im März 2023 haben Dr. Celia Millon, Dr. Yicheng Wang, Dr. Denizhan Kesim und Marc Leonard Leineweber beim WSC Demo Dayan der Ruhr-Universität Bochum (RUB) den ersten Platz unter den Top 5 Start-ups 2023 erzielt. Ihr neuartiger Ultrakurzpulslaser wurde von der Jury als bahnbrechendes Werkzeug für die Bearbeitung von Silizium bezeichnet. Der Laser besitze das Potenzial, sowohl die Materialbearbeitung wie auch wissenschaftliche Anwendungen zu revolutionieren. Bei seinen Gründungsvorbereitungen wurde das erfolgversprechende HoLa-Team vom WORLDFACTORY Start-up Center unterstützt. Was das Besondere an dem Laser ist und wie das Team zusammengefunden hat, darüber berichtet Marc Leineweber im folgenden Interview.

Herr Leineweber, das Team von HoLa hat einen vollkommen neuartigen und vielversprechenden Ultrakurzpulslaser entwickelt. Zunächst einmal vorweg die Frage: Was ist ein Ultrakurzpulslaser?
Leineweber:
Bei einem Pulslaser wird, im Gegensatz zu kontinuierlichen Lasern, der Lichtstrahl unterbrochen und in einzelne kurze Lichtpunkte, sogenannte Pulse, aufgeteilt. Diese haben Pulsdauern im Breich eines Billionstels bis eines Billiardstels einer Sekunde. Im Einzelfall kategorisiert man üblicherweise je nach zeitlicher Länge der Pulse in Kurz- oder Ultrakurzpulslaser.

Und wozu werden diese Laser benötigt?
Leineweber:
Ultrakurzpulslaser sind unglaublich vielseitig und aus der Forschung und der industriellen Produktion nicht mehr wegzudenken. Sie bohren, schneiden, verformen und bearbeiten unterschiedliche Materialien im Mikrometerbereich. Außerdem erlauben sie die Untersuchung von Effekten auf den kleinsten bekannten Zeitskalen, zum Beispiel in Molekülen und Atomen. Von daher werden sie unter anderem in der Chipherstellung, der Medizintechnik, der Forschung oder auch der Solarzellenproduktion eingesetzt.

Soweit zum Hintergrund, aber was ist nun das Revolutionäre an dem von Ihnen entwickelten Laser?
Leineweber:
Dazu muss ich etwas ausholen: Wenn man heutzutage etwas mit einem Laser schneidet, sei es Kunststoff, Glas, Silizium oder ein anderes Material, hat man immer eine Schnittkante. Wobei beim Lasern das Material nicht mit einem Sägeblatt geschnitten, sondern an der zu schneidenden Stelle erhitzt wird. Dadurch wird das Material in der Regel an dieser Stelle in ganz einfachen Worten „aufgespalten“. Nun weiß aber jeder, der schon einmal mit einer Stichsäge eine Holzplatte geschnitten hat, dass es immer eine saubere und eine raue Kante gibt. Das ist bei Laserschnitten ähnlich. Je nach Material kann dies durchaus problematisch sein. Denken Sie nur an das Schneiden von Silizium für die Chipfertigung. Da müssen die Schnittkanten sehr fein, sauber und glatt sein. Die aktuell gängigen Verfahren basieren dort aber oftmals noch auf einem traditionellen Sägeprozess, bei dem es genau zu solchen rauen Kanten und Oberflächenbeschädigungen kommt.

Unser Laserverfahren bietet dagegen nun die Möglichkeit, Silizium sehr präzise zu schneiden. Im Unterschied zu anderen Verfahren können wir auch in das Silizium hineinschneiden, sehr fein, ohne dass die Oberfläche oder die Kanten beschädigt werden. Somit können wir ganz neue Materialstrukturen oder auch Architekturen im Bereich der Chipfertigung realisieren.

Hinzu kommt, dass viele Laser aufgrund ihrer technischen Eigenschaften nur in einer Vakuumkammer arbeiten können. Das ist ziemlich aufwändig und verursacht hohe Kosten. Unser Laser funktioniert dagegen auch in normaler Raumluft. Die Anwendung ist also wesentlich einfacher und günstiger.

Inwiefern unterscheidet sich Ihr Laser technisch von bisher bestehenden Ultrakurzpulslasern?
Leineweber:
Sehr vereinfacht ist das Besondere an unserem Laser die Wellenlänge sowie deren Kombination mit einer bestimmten Zahl an Energieimpulsen. Unser Laser arbeitet mit einer Wellenlänge von 2,1 Mikrometer. Deswegen der Name: 2.1-Micron-Ultrafast-Laser. Zur Orientierung: Ein Mikrometer ist ein Millionstel eines Meters. Bislang sind bei Lasern weniger als 2 Mikron Mikrometer üblich. Für einen Außenstehenden mag sich das nicht nach einem großen Unterschied anhören, tatsächlich aber ist der Unterschied gewaltig. Letztlich haben meine Kollegin und Kollegen einen ganz neuen Laser entwickelt.

Und wie das bei Innovationen oft so ist, können wir heute noch gar nicht sagen, welche vielfältigen Einsatzmöglichkeiten sich dadurch ergeben.

In welchem Kontext ist Ihr Laser entstanden?
Leineweber:
Dr. Celia Millon, Dr. Yicheng Wang und Dr. Denizhan Kesim haben am Lehrstuhl Elektrotechnik und Informationstechnologie - Photonics and Ultrafast Laser Science (PULS) an der Ruhr-Universität Bochum in einem Forschungsprojekt zusammen mit dem restlichen Team diesen Laser entwickelt. Bei der Entwicklung des Lasers hat aber auch der Austausch innerhalb des terahertz.NRW-Netzwerks eine wichtige Rolle gespielt. Es handelt sich dabei um einen Zusammenschluss von Universitäten und Forschungseinrichtungen in Nordrhein-Westfalen und von RESOLV, einem Exzellenz Cluster, das unter Leitung der Ruhr-Universität Bochum und der TU Dortmund etwa 200 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler im Ruhrgebiet vereint. Ziel von terahertz.NRW ist es, die Lücke zwischen grundlagenorientierter Forschung und einer innovationsgetriebenen wirtschaftlichen Entwicklung zu schließen.

Sie selbst sind Betriebswirt und kommen von der WHU - Otto Beisheim School of Management. Können Sie etwas zu Ihren Teammitgliedern sagen?
Leineweber:
Das Team von HoLa ist international besetzt. Dr. Celia Millon kommt aus Frankreich, hat bei der im Bereich der Nukleartechnik gearbeitet und war darüber hinaus für verschiedene Energieprojekte tätig. Dr. Yicheng Wang kommt aus China und hat sich auf die Entwicklung von Laserquellen spezialisiert. Darüber hinaus kennt er sich mit chemischen Komponenten aus.

Spezialist für Elektrotechnik und Hardware ist Dr. Denizhan Kesim. Er hat sein Studium in der Türkei absolviert. Alle drei sind Physiker und arbeiten oder arbeiteten zeitweise an der Ruhr-Universität Bochum in ihren jeweiligen Forschungsprojekten.

Wie haben Sie als Team zusammengefunden?
Leineweber:
An der WHU gibt es das Alumni-Netzwerk In Praxi und auf dessen Webseite gibt es nicht nur Stellenangebote, sondern auch Anfragen von Gründungsteams von anderen Hochschulen, die Verstärkung suchen. Nachdem ich mich dort auf ein Inserat von HoLa beworben hatte, ging eigentlich alles sehr schnell. Wir haben uns getroffen und irgendwie stimmte von Anfang „die Chemie“.

Und „die Chemie“ stimmt offenbar immer noch.
Leineweber:
Auf jeden Fall. Ich denke, das liegt vor allem daran, weil wir alle dasselbe Ziel verfolgen. Wir möchten etwas Erfolgreiches aufbauen. Zu dem guten Teamgeist trägt sicher auch bei, dass wir mit knapp über 30 alle im gleichen Alter sind; da gibt es oft gemeinsame Gesprächsthemen. Außerdem war jeder von uns bereits berufstätig und bringt ein gewisses Maß an Lebenserfahrung - das hilft natürlich. Alles in allem kennen wir uns jetzt seit fünf Monaten. Bis vor kurzem haben wir uns noch hauptsächlich über Online-Meetings ausgetauscht. Inzwischen bin ich aber nach Bochum gezogen, so dass wir uns nun auch persönlich vor Ort zusammensetzen können.

Sie sind Betriebswirt, die anderen sind Physiker. Haben Sie eine gemeinsame Sprache gefunden?
Leineweber:
Mittlerweile ja, aber natürlich war und ist es immer noch nicht so einfach, weil jeder in der Sprache seines Fachgebiets kommuniziert. Für mich war es anfangs schwer, den technischen Hintergrund zu verstehen. Meine Kollegin und meine Kollegen mussten sich dagegen erstmals mit ökonomischen und strategischen Inhalten auseinandersetzen. Insgesamt aber funktioniert es sehr gut. Ein Stück weit verlässt sich auch jeder von uns auf die Expertise des anderen. Im Zweifelsfall ziehen wir die Meinung von außenstehenden Dritten hinzu; bis jetzt funktioniert das wunderbar.

Sie wurden bei Ihren Gründungsvorbereitungen vom WORLDFACTORY Start-up Center an der Ruhr-Universität Bochum unterstützt. Was war aus Ihrer Sicht besonders hilfreich?
Leineweber:
Wir hatten zwei Coaches, die uns von der ersten Minute an super unterstützt haben. Das war wirklich eine tolle Erfahrung, zumal es ja doch die eine oder andere Herausforderung gab. Die Antragstellung von EXIST-Forschungstransfer hatte es zum Beispiel wirklich in sich. Ich konnte den Hintergrund der Fragen nicht immer nachvollziehen. Das Verwaltungsdeutsch tat dann noch sein Übriges. Wir sind ja keine Studenten, sondern sind alle berufstätig: Celia und Yichon arbeiten am Lehrstuhl, Denizhan und ich jeweils in Unternehmen. Von daher ist das zeitlich alles schon sehr eng gewesen. Umso wichtiger ist die Unterstützung und die Expertise durch Einrichtungen wie das WORLDFACTORY. Inzwischen sind wir auch so weit, dass wir im Juni vor der EXIST-Jury pitchen können.

Sie sagten vorhin, dass man bei einer innovativen Technologie noch gar nicht abschätzen kann, wie der zukünftige Markt aussieht. Gibt es denn schon erste Kontakte zu potenziellen Kunden?
Leineweber:
Ja, die gibt es. Dabei handelt es sich vor allem um Anlagen-, Sondermaschinenbauer und Chipproduzenten in Europa und den USA. Viele der Unternehmen haben sich auf spezielle Anwendungen fokussiert und bearbeiten nur ganz bestimmte Materialien. Die sind für uns natürlich interessant. Hinzu kommen Unternehmen, die selbst Laser entwickeln und an einer Partnerschaft mit uns interessiert sind.

Insgesamt muss man sich die Laserbranche wie eine über die ganze Welt verstreute Familie vorstellen. Man kennt sich aus gemeinsamen Forschungsprojekten, der Teilnahme an Konferenzen oder auch der Zusammenarbeit in Unternehmen. Auch die RUB ist Teil dieses weltweiten Netzwerks. Die Wege sind von daher sehr kurz und direkt. Das öffnet natürlich viele Türen.

Das Team von HoLa hat im März 2023 den ersten Platz bei den Top 5 Start-ups 2023 der RUB gemacht. Inwiefern haben Sie von der Auszeichnung und dem Pitch profitiert?
Leineweber:
Es hat uns darin bestätigt und uns gezeigt, dass wir auf dem richtigen Weg sind. Auch das Pitch-Training war ein großer Benefit, weil es uns sicherer gemacht hat und uns für zukünftige größere Start-up-Events wappnet. Außerdem haben uns die Rückfragen der Jury gezeigt, an welchen Stellschrauben wir bei unserer Präsentation, unserem Produkt und unserem Geschäftsmodell noch drehen müssen. Ein Punkt ist zum Beispiel, dass die Kosten für die Weiterentwicklung unseres Lasers sehr hoch sind. Das bedeutet, wir müssen uns intensiv mit dem Thema Förderung und Finanzierung beschäftigen.

Sie sagten, im Juni steht der Pitch für EXIST-Forschungstransfer an. Wie soll es danach weitergehen?
Leineweber:
Das hängt davon ab, ob wir die Zusage für EXIST-Forschungstransfer bekommen oder nicht. Wenn es nicht klappt, müssen wir uns um ein Venture-Capital-Investment kümmern und vor Investorinnen und Investoren pitchen. Mit EXIST-Forschungstransfer wäre wie natürlich wesentlich besser gestellt. Auch die anschließende Suche nach Investorinnen und Investoren wäre einfacher, weil EXIST einfach ein Qualitätssiegel ist. Die Kapitalgeberinnen und -geber wissen dann, dass da schon wichtige Vorarbeiten in Sachen Produktentwicklung, Marktreife und Gründungsvorbereitung geleistet wurden.

Mit Abschluss von der ersten Phase von EXIST-Forschungstransfer werden Sie die notwendige Marktreife Ihres Lasers erreicht haben, oder?
Leineweber:
Davon können wir ausgehen, aber der Weg dahin ist aufwändig. Innovative Produkte und Verfahren werden erst einmal bei ausgewählten Pilotkunden auf Herz und Nieren geprüft. Wie sieht es mit der Haltbarkeit der Hardware aus? Sind die Ergebnisse zufriedenstellend? Welche Anpassungen müssen durchgeführt werden? Wie reagiert der Laser je nach Material, das bearbeitet werden soll? Das ist ein langer Prozess. Der wird auch nicht zu Ende sein, wenn wir dann irgendwann auf dem Markt sind.

Welchen Tipp hätten Sie noch für andere Gründerinnen und Gründer?
Leineweber:
Ich würde sagen: just do it. Die Erfahrung, die man bei einer Unternehmensgründung sammelt, sind von unfassbarem Wert. Man muss sich mit so vielen verschiedenen Dingen auseinandersetzen: mit Förderanträgen, Kundengesprächen, Personal, Steuern, Versicherungen usw. Ich kann nur jedem mitgeben, es auch zu versuchen, selbst wenn man mit seinem Projekt scheitert. Letztlich zählt einfach die Erfahrung.Wenn man sich die Statistik ansieht, schaffen es ja nur relativ wenige Start-ups, sich auf dem Markt durchzusetzen. Scheitern gehört in der Start-up-Welt also einfach dazu. Aber dann versucht man es eben noch einmal und macht es besser. Manchmal braucht man halt mehrere Anläufe. Viele der erfolgreichen Unternehmerinnen und Unternehmer sind zuvor mit anderen Ideen gescheitert. Das muss man immer im Hinterkopf behalten. Meist hört man ja immer nur von erfolgreichen Start-ups, aber das der Weg oft steinig war, darüber wird kaum berichtet. Meiner Ansicht nach gehört das aber zusammen und sowohl die positiven als auch negativen Erfahrung sind einfach von unschätzbarem Wert.

 

Stand: Mai 2023

Die Initiative Exzellenz Start-up Center.NRW fördert das WORLDFACTORY Start-up Center an der Ruhr-Universität Bochum.