„Gerade in der Anfangsphase haben wir enorm von den Workshops des CET profitiert.“

v.l.n.r.: Lennard Bennemann und Hendrik Wever
© Hendrik Wever

Biologisch abbaubare und kreislauffähige Baustoffe aus Pilzmyzel – darum geht es im Gründungsprojekt PottPilz von Hendrik Wever und Lennard Bennemann. Im folgenden Interview berichten die beiden, wie sie auf diese ungewöhnliche Idee gekommen sind, welche Hürden sie auf ihrem Weg bereits gemeistert haben und wie sie durch das Centrum für Entrepreneurship & Transfer (CET) der TU Dortmund sowie weitere Akteure in Dortmund unterstützt werden.

Herr Wever, Herr Bennemann, Sie entwickeln nachhaltige Baumaterialien auf Basis von Pilzmyzel. Können Sie einem Laien erklären, wie dieses Verfahren funktioniert?

Wever: Kein Problem! Zunächst einmal wählen wir einen Agrarreststoff aus. Dabei kann es sich um Stroh, Schalen oder andere pflanzliche Partikel handeln. Wichtig ist, dass sie nicht für die Lebensmittelproduktion verwendet werden. Diesen Reststoff impfen wir mit einem speziellen Pilzmyzel – einem Geflecht aus mikroskopisch kleinen fadenförmigen Zellen. Der Effekt dieser Impfung ist, dass das Myzel wächst und ein dichtes Geflecht mit dem Agrarreststoff bildet. Im Ergebnis erhalten wir dann ein festes und sehr leichtes Material, das biologisch abbaubar und vollständig kreislauffähig ist. 

Und dieses Material kann wo eingesetzt werden?

Bennemann: Das hängt davon ab, welchen Agrarreststoff wir verwenden. Insgesamt kann man aber sagen, dass es sehr viele potenzielle Einsatzmöglichkeiten gibt. Allerdings konzentrieren wir uns jetzt, in der Anfangsphase, erst einmal nur auf ein Produkt. Dabei handelt es sich um akustische Dämmplatten. Mittelfristig sollen dann noch Platten zur thermischen Dämmung hinzukommen. 

Wie sind Sie auf die Idee gekommen?

Wever: Das war während meiner Studienzeit an der Georg-August-Universität in Göttingen. Ich habe damals Agrarwissenschaften studiert und mich dabei auch mit der Entwicklung von pilzbasierten Stützstrukturen und Einsatzmöglichkeiten von Agrarreststoffen auseinandergesetzt. Das fand ich so interessant, dass ich mich auch außerhalb des Studiums damit beschäftigt habe. So stieß ich auf das Verfahren, Agrarreststoffe mit Pilzmyzel zu verbinden und aus der Biomasse Material für Bau und Büro herzustellen. Als ich Lennard davon erzählte – wir kennen uns schon lange – war er sofort begeistert von der Idee. 

Herr Bennemann, Sie sind Chemieingenieur?

Bennemann: Ja, ich habe damals an der TU Dortmund studiert und konnte mit meiner Expertise das notwendige Know-how beisteuern, das für die Umsetzung von Hendriks Idee fehlte. Außerdem habe ich damals den Kontakt zu Prof. Jörg Tiller vom Lehrstuhl für Biomaterialien und Polymerwissenschaften hergestellt, der uns auch heute noch mit seiner Expertise zur Seite steht und sehr offen für unsere Idee ist.

Herr Wever, Sie leben inzwischen auch wieder im Ruhrgebiet. Sehnsucht nach der alten Heimat?

Wever: Das auch, aber ein wichtiger Punkt war zudem, dass Dortmund sehr attraktive Rahmenbedingungen für Gründungsteams bietet. Dazu gehört natürlich nicht zuletzt das CET, das Centrum für Entrepreneurship & Transfer an der TU Dortmund. 

Das CET bietet Gründerinnen und Gründer vielfältige Unterstützung an. Welche davon würden Sie hervorheben?

Bennemann: Gerade in der Anfangsphase haben wir enorm von den Workshops profitiert, die sich mit allen wichtigen Themen für angehende Unternehmerinnen und Unternehmer beschäftigen – von Marketing über Vertrieb bis hin zu Steuern, Versicherungen und den Rechten und Pflichten eines Unternehmers. Besonders hilfreich war auch die Unterstützung des CET-Teams bei der Beantragung des EXIST-Gründungsstipendiums. Die zwölfmonatige Förderung erhalten wir noch bis April 2026. Bis dahin können wir uns voll und ganz auf die Entwicklung unseres Produkts und unseren Start ins Unternehmerleben vorbereiten. Ein zusätzlicher Vorteil ist, dass Prof. Tiller uns auch in dieser Phase weiterhin als fachlicher Mentor zur Seite steht. 

Wever: Um noch einmal aufs CET zurückzukommen: Positiv ist auch die proaktive Herangehensweise des Teams. Unser Ansprechpartner hat uns zum Beispiel von sich aus auf den Wettbewerb von ChemStars.NRW, eine Initiative der chemischen Industrie, aufmerksam gemacht und uns ermutigt, uns zu bewerben, wobei uns das Team tatkräftig unterstützt hat. Dieses Mitdenken und aktive Zugehen auf uns, finde ich wirklich sehr hilfreich.

Sie sprachen vorhin von den attraktiven Rahmenbedingungen für Gründungsteams in Dortmund. Was meinten Sie damit?
Wever:
Neben dem CET möchte ich da auf jeden Fall dieWirtschaftsförderung Dortmund hervorheben, die sich wirklich stark für Start-ups einsetzt. Sei es durch den Wettbewerb Start2Grow oder durch Programme wie greenhouse.ruhr, an dem wir seit diesem Frühjahr teilnehmen. Dabei profitieren wir besonders von den Coachings, dem Mentoring und dem umfangreichen regionalen Netzwerk. 

Auch die Handwerkskammer Dortmund hat uns sehr positiv aufgenommen, insbesondere weil sich unser Produkt auch an Handwerksunternehmen richtet. Unser Ansprechpartner hat außerdem gleich den Kontakt zur Industrie- und Handelskammer hergestellt, da wir ja praktisch ein künftiges Mitglied sind. Dieser Kontakt trägt bereits erste Früchte: Im September werden wir auf einer Veranstaltung einen Vortrag über kreislauffähiges Bauen halten. 

Bennemann: Diese Kontakte zu Unternehmen hier in der Region sind für uns einfach total wichtig. Gerade jetzt, in der Anfangsphase, brauchen wir Partner in der Nähe, die bereit sind, unser Produkt zu testen und mit uns gemeinsam weiterzuentwickeln. Wir stehen beispielsweise bereits im engen Austausch mit Büroeinrichtern, denen wir in Kürze unseren ersten Prototyp einer akustischen Dämmplatte präsentieren werden, um dann gemeinsam die Weiterentwicklung bis zur Marktreife voranzutreiben. 

Gab es auch Herausforderungen, die nicht so einfach zu bewältigen waren?

Bennemann: Ja klar, Herausforderungen gab und gibt es en masse. Seien es die bauregulatorischen Vorschriften oder aber auch die zahlreichen Förderprogramme. Zuerst denkt man natürlich: Toll, dass es so eine breite Förderlandschaft gibt. Aber wenn man ins Detail geht, sieht man, dass sich die meisten Programme gegenseitig ausschließen. Bei dem einen darf man noch nicht gegründet haben, bei dem anderen muss man bereits am Markt sein, bei dem einen darf man noch keine Umsätze erwirtschaften, bei dem anderen muss man bereits erste kommerzielle Erfolge nachweisen. Usw. usf.

Wever: Eine geeignete Förderung zu finden, ist tatsächlich nicht so einfach. Wir mussten viel Zeit in die Recherche investieren, aber zum Glück hat uns das CET-Team dabei unterstützt.

Umso mehr freuen wir uns, dass es mit dem EXIST-Gründungsstipendium geklappt hat. Nach Auslaufen des Programms werden wir eine Anschlussfinanzierung durch einen Business Angel benötigen – wir sind aktuell auf der Suche. Damit hoffen wir auch, unseren derzeit größten Pain Point zu bewältigen: Die Anmietung einer Produktionsstätte. Damit ist ein hoher Kapitalbedarf verbunden, so dass wir hier auf die Unterstützung eines Business Angels setzen. 

Wie sehen Ihre nächsten Schritte aus?

Bennemann: Aktuell steht auf der Agenda, auf Unternehmen zuzugehen und Pilotkunden zu gewinnen. Außerdem müssen wir noch am Brandschutz und der akustischen Dämmleistung arbeiten. Die Gründung unserer GmbH planen wir für Ende 2025, danach geht es mit der Markteinführung Anfang 2026 los.

Weitere Informationen:

PottPilz - Linkedin 

Stand: Juli 2025

Die Initiative Exzellenz Start-up Center.NRW fördert das Centrum für Entrepreneurship & Transfer (CET) an der Technischen Universität Dortmund.