„Die Auszeichnung beim Gründungswettbewerb ,Digitale Innovationen‘ ist eine tolle Bestätigung dafür, dass man auf dem richtigen Weg ist.“

Daniel Porzig und Manuel Rasch
© heygrün GmbH

Wie bringt man mehr Grün in deutsche Städte – und das möglichst unkompliziert? Diese Frage stellte sich Daniel Porzig, nachdem er Bilder von Städten der Zukunft gesehen hatte. Die Idee, Dachbegrünungen einfacher und zugänglicher zu machen, ließ ihn nicht mehr los. Entstanden ist daraus heygrün, ein Start-up, das sich mit digital gestütztem Rundum-Sorglos-Service rund ums grüne Flachdach befasst – von der Erstberatung über die Planung bis hin zur Umsetzung durch regionale Handwerksbetriebe. Gegründet wurde das Unternehmen mit Unterstützung des Gateway Exzellenz Start-up Center der Universität zu Köln. Im Interview spricht Porzig über den Weg von der Idee zum marktfähigen Produkt, den Teamaufbau, die Zusammenarbeit mit dem Handwerk – und darüber, warum es mit der Skalierung bald ernst wird.

Herr Porzig, Sie kümmern sich um Dachbegrünungen – ein Thema, das auf den ersten Blick wenig aufregend wirkt. Was macht heygrün so besonders?

Porzig: Was wir anders machen und was auch tatsächlich neu in der Branche ist, dass wir viele der Prozesse, die mit einer Dachbegrünung und deren Vorbereitung verbunden sind, automatisiert haben. Dadurch können wir einen umfangreichen Service anbieten. Davon profitieren nicht nur unsere Kunden, sondern auch die vielen Handwerksbetriebe, mit denen wir deutschlandweit kooperieren. Konkret sieht das so aus: Wer sich für eine Dachbegrünung interessiert, findet auf unserer Webseite zunächst einmal ausführliche Informationen rund um das Thema Dachbegrünung. Der Kunde oder die Kundin hat dann die Wahl: Entweder entscheidet er bzw. sie sich für ein Do-it-yourself-Paket, um mit wenigen Handgriffen sein Dach selbst zu begrünen oder er bzw. sie bekommt eine maßgeschneiderte Begrünung, die durch einen Handwerksbetrieb vor Ort ausgeführt wird.

In beiden Fällen klickt sich der Kunde oder die Kundin erst einmal durch den Konfigurator auf unserer Webseite und erhält direkt einen Orientierungspreis. Anschließend lädt er oder sie die erforderlichen Fotos und Bauunterlagen hoch. Diese schauen wir uns an und besprechen sie im Rahmen einer digitalen Beratung. Im Anschluss erhält der Kunde oder die Kundin sofort ein Festpreisangebot. Das beinhaltet die gesamte Planung inklusive Prüfung der Dacheignung, eine Unterstützung bei der Fördermittelbeantragung und die Umsetzung der Dachbegrünung. Dabei arbeiten wir deutschlandweit mit Handwerksbetrieben zusammen und sorgen dafür, dass alle notwendigen Gewerke effizient zusammenkommen – Dachabdichtung, Dachbegrünung, Statik.

Hört sich gut an. In welchem Kontext ist die Idee entstanden?

Porzig: Das war bei einem Besuch im Futurium, einem Museum in Berlin, das sich mit verschiedenen Zukunftsthemen beschäftigt. Dort sieht man Bilder von attraktiven, modernen Stadtansichten – alle mit begrünten Gebäuden und Plätzen. Und wenn man das Museum wieder verlässt? Sieht man nur kahle Hausfassaden. Ich habe mich damals gefragt, woran das liegt und ein bisschen darüber recherchiert. Dabei habe ich festgestellt, dass der Weg zur Dachbegrünung tatsächlich ziemlich kompliziert ist. Vielfach fehlen Erstinformationen, um sich als Hausbesitzerin oder Hausbesitzer mit dem Thema vertraut zu machen und schnell zu erfahren, ob das eigene Dach überhaupt für eine Begrünung geeignet ist und wie viel das Ganze kostet. Dafür muss man erst einmal einen passenden Handwerksbetrieb finden. Das kann dauern. Kurz und gut: Damit war die Idee geboren, eine Art Rundum-Sorglos-Service für Dachbegrünungen anzubieten.

Ihr Start-up haben Sie aber nicht in Berlin, sondern in Köln gegründet.

Porzig: Richtig, ich habe dort im Bachelor Wirtschaftsinformatik studiert und meinen Master zu den Themen Innovationsmanagement und Entrepreneurship absolviert. Anschließend habe ich als Innovationsberater für die Baubranche in Köln gearbeitet. Und wenn man sich für Innovationen, Start-ups und entsprechende Events interessiert, dann trifft man in Köln immer wieder auf das Gateway. Attraktiv fand ich damals vor allem den Co-Working Space im InnoDom Cologne. Dort wollte ich gerne arbeiten. Das ist der erste große Push: Wenn man nicht mehr alleine zu Hause vor seinem Laptop sitzen muss, sondern an einem Ort ist, wo man sich mit anderen Start-ups austauschen kann. Das hat dann auch gut geklappt, weil ich mit meinem damaligen Mitgründer ziemlich schnell in das viermonatige Inkubatorprogramm aufgenommen wurde und wir damit automatisch einen Co-Working-Platz bekamen. Was auch toll war: Das Gateway Team hat uns im Anschluss bei der Beantragung des EXIST-Gründungsstipendiums geholfen, das wir dann auch auf Anhieb bekommen haben.

Sie sprachen gerade von Ihrem damaligen Mitgründer. Das heißt, es gab einen Wechsel im Team?

Porzig: Als ich vor zweieinhalb Jahren die Idee hatte, war klar, dass ich einen Mitgründer brauche, weil es diverse Skills benötigt, um ein Start-up erfolgreich aufzubauen. Ich habe damals über LinkedIn und spezielle Online-Plattformen gesucht. Darüber habe ich meine ersten beiden Mitgründer kennengelernt: einen IT-ler und einen Dachdecker. Zusammen haben wir den EXIST-Antrag gestellt. Während der Laufzeit des Stipendiums mussten beide allerdings aus privaten Gründen das Projekt verlassen. Ich habe das Start-up dann eine kurze Zeit allein weitergeführt bis ich Manuel über einen Start-up-Wettbewerb kennengelernt habe. Manuel Rasch ist Forstwirtschaftsmeister und hat außerdem als Immobilienmakler gearbeitet. Er ist seit Ende 2024 bei heygrün für die operative Geschäftsführung zuständig.

Zusammen ein Unternehmen zu gründen und aufzubauen ist nicht trivial. Das kann mitunter auch mal Schwierigkeiten geben.

Porzig: Ja, es ist schon eine ziemliche Herausforderung, das richtige Team zusammenzustellen. Da spielen einfach viele Dinge mit rein: die Skills, die jeder mitbringen sollte, die Visionen, die jeder mit der Unternehmensgründung verbindet oder auch die finanziellen Erwartungen – und natürlich die persönliche Chemie zwischen alle Beteiligten. Letztlich kann man die Gründung eines Start-ups mit einer Hochzeit vergleichen. Das Problem ist nur, dass man als Gründer unter ziemlichem Zeitdruck steht. Man hat also nur wenig Zeit, seine Mitgründer kennenzulernen und merkt erst nach und nach, ob man tatsächlich miteinander kann. Hinzu kommt, dass sich ein Start-up entwickelt und verändert. Die Visionen, die man am Anfang hatte, müssen eventuell angepasst werden und damit ändern sich die Anforderungen an das Gründungsteam. Also: Alles nicht so einfach.

Zurück zum Gateway: Sie haben am Inkubator teilgenommen und wurden bei der Beantragung des EXIST-Gründungsstipendiums unterstützt. Was hat Sie bei den Gründungsvorbereitungen besonders vorangebracht?

Porzig: Ganz klar ist, dass wir das EXIST-Gründungsstipendium ohne die Unterstützung des Gateway-Teams nicht erhalten hätten. Man muss einfach wissen, dass die Antragstellung ziemlich anspruchsvoll ist. Von daher war es super, dass uns das Team mit seinen Erfahrungen zur Seite stand und die Antragstellung erfolgreich war. Dadurch konnten wir zwölf Monate lang unser Projekt in Vollzeit weiterverfolgen. Toll war natürlich auch der moderne Arbeitsplatz, der uns im Co-Working Space des InnoDom Cologne zur Verfügung gestellt wurde, und der Austausch mit anderen Start-ups. Viel gelernt habe ich auch von meinem Coach beim Gateway, der bereits erfolgreich ein Start-up aufgebaut hatte und von daher wusste, wie man bestimmte Themen angehen muss.

Zu Ihrem Geschäftsmodell gehört auch, dass Sie deutschlandweit mit Handwerksbetrieben kooperieren. Wie akquirieren Sie die Betriebe?

Porzig: Zum einen über unser Netzwerk, zum anderen betreiben wir Kaltakquise und rufen bei den Betrieben an. Die große Herausforderung ist dabei allerdings, dass die sehr gut zu tun haben und entsprechend wenig Zeit haben. Daher kontaktieren wir die Handwerksbetriebe mit fertig geplanten Aufträgen. So merken die Betriebe, dass ihnen viel nervige und normalerweise unbezahlte Arbeit erspart bleibt, wie zum Beispiel Kundengespräche, Erstbesichtigungen und Materialkalkulationen.

Wie läuft denn die Zusammenarbeit zwischen Ihrem Start-up und dem Handwerk?

Porzig: Sehr gut. Wir haben viele Betriebe, die gerne mit uns zusammenarbeiten und super zuverlässig sind. Sobald sie erkennen, wie viel Zeit sie durch die Zusammenarbeit mit uns sparen, wird unser Ansatz stets sehr positiv aufgenommen. Am Ende sind die Handwerksbetriebe auch unser großes Asset, damit wir den Service deutschlandweit in entsprechender Qualität durchführen können. Die Suche nach geeigneten Betrieben dauert zwar manchmal etwas, aber wenn man die Juwelen in den einzelnen Regionen identifiziert hat, ist das natürlich ein großer Wert.

Und wie sieht die Auftragslage aus? Wie akquirieren Sie Ihre Kunden?

Porzig: Aktuell ist die Auftragslage sehr gut. Unser Service und Preis-Leistungsverhältnis werden sehr gut angenommen. Bei der Kundenakquise erreichen wir viele Kundinnen und Kunden über Google-Anzeigen, da wir hier sehr gezielt Leute erreichen, die nach einer Dachbegrünung suchen. Mittlerweile kommen aber auch immer mehr Kundinnen und Kunden über direkte Weiterempfehlung.

Ihre Kunden sind private Eigenheimbesitzer?

Porzig: Zunächst waren es vor allem Privatkunden, die sich für unsere Do-It-Yourself-Lösung interessiert haben. Die begrünen damit meist ihr Garagendach. Das ist eine Fläche, die man als Laie gut bearbeiten kann. Mittlerweile geht es für uns aber immer mehr Richtung B2B – wir arbeiten mit diversen Unternehmen aus der Baubranche zusammen, zum Beispiel Fertighaushersteller, und begrünen in deren Auftrag deutschlandweit Dächer.

Was ist Ihrer Ansicht nach bisher besonders gut gelaufen?

Porzig: Wir haben Prozesse geschaffen, die vom Markt angenommen werden. Das ist ein Riesenerfolg. Wir geben ein Werteversprechen, das sowohl für die Handwerksbetriebe als auch für die Hausbesitzerinnen und Hausbesitzer enorme Vorteile bietet. Wir haben außerdem eine technische Infrastruktur entwickelt, die die Voraussetzung für die Skalierungsfähigkeit unseres Geschäftsmodells ist. Das heißt, es funktioniert nicht nur bei 10 Anfragen, sondern auch bei 100 oder 1.000 Anfragen pro Monat.

Ein großer Erfolg ist auch, dass Sie 2023 beim Gründungswettbewerb „Digitale Innovationen" vom Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz ausgezeichnet wurden. Inwieweit hat diese Auszeichnung Ihnen weitergeholfen?

Porzig: In der Gründungsphase dauern viele Sachen länger als erwartet. Von daher war das Preisgeld eine große Hilfe, um die finanzielle Durststrecke am Anfang zu überbrücken. Darüber hinaus ist die Auszeichnung eine tolle Bestätigung und ein Motivationsschub dafür, dass man auf dem richtigen Weg ist. Sie ist auch eine Art Gütesiegel, mit dem man auf seiner Webseite werben kann.

Wissen Sie noch, was die Jury überzeugt hat?

Porzig: Ja, das war unser innovatives Geschäftsmodell. Das Produkt an sich, die Dachbegrünung, gibt es ja schon seit über hundert Jahren. Neu ist aber, dass wir zahlreiche Abläufe automatisiert haben und damit auch das Wissen aus anderen Branchen bzw. Technologiefeldern auf die Dachbegrünung übertragen haben. Wir haben einen digitalen end-to-end Prozess geschaffen, um den Service rund um die Dachbegrünung skalierbar anzubieten. Im Prinzip haben wir mehrere kleinere Innovationen zusammengefügt, haben vieles standardisiert und automatisiert und dadurch einen skalierbaren Service geschaffen, den es so in der Branche noch nicht gibt.

Wie sehen die nächsten Schritte von heygrün aus?

Porzig: Was die Weiterentwicklung unserer unternehmerischen Skills angeht, steht die Teilnahme am Gateway-Accelerator an. Zum einen, weil wir erst einmal noch unseren Arbeitsplatz hier im InnoDom behalten möchten, zum anderen, weil der Accelerator jede Menge 1-zu-1-Coachings zu vielen interessanten Themen anbietet. Wenn jemand sein ganzes Leben lang Marketing gemacht hat, wird er sicherlich noch ein, zwei Tricks kennen, die wir noch nicht kennen. Und wenn jemand viele Jahre lang im Finanzbereich tätig war, bringt er vielleicht ein, zwei neue Perspektiven ein, die einem noch nicht so bewusst waren.

Was unser Start-up betrifft: Tatsächlich haben wir im letzten Monat die ersten schwarzen Zahlen geschrieben. Zum jetzigen Zeitpunkt geht es also noch ohne Fremdkapital.

Inhaltlich fokussieren wir uns noch auf das Thema Flachdach. Die nächste Ausbaustufe sieht aber vor, die Begrünung von Solar-Grün-Dächern verstärkt anzubieten. Damit ist Photovoltaik und Dachbegrünung keine Entweder-oder-Frage, sondern eine Win-win-Situation, indem man die Vorteile von Photovoltaik und Dachbegrünung kombiniert. Insgesamt ist unser Ziel, möglichst viele Dächer zu begrünen – auch in Berlin. Dort ist die Idee ja schließlich entstanden.

Weitere Informationen:

heygrün GmbH

Stand: Mai 2025

„Die Initiative Exzellenz-Start-up-Center NRW fördert das Gateway Exzellenz Start-up Center Universität zu Köln.“