„Beim Gateway ist man von lauter Start-ups umgeben. Das ist ein großer Pluspunkt.“

Dr. Reza Esmaillie und Dr. Robin Bayer
© Detechgene GmbH

Wesentlich schneller, aber genauso präzise wie ein PCR-Test soll das von Dr. Reza Esmaillie und Dr. Robin Bayer entwickelte Testverfahren Krankheitserreger aufspüren. Und es gibt noch mehr Vorteile. Kein Wunder, dass die beiden Gründer den Ideenwettbewerb des Gateway Exzellenz Start-up Center Universität zu Köln auf Anhieb gewonnen haben. Inzwischen stehen sie mit ihrem Start-up Detechgene GmbH kurz vor dem Markteintritt. Unterstützt werden sie dabei  mit Mitteln aus dem Förderprogramm ZukunftBio.NRW.

Herr Dr. Esmaillie, Sie haben einen Schnelltest zur Erkennung von Krankheitserregern entwickelt. Was ist das Besondere daran?

Dr. Esmaillie: Allgemein gesagt, geht es um eine mobile PCR-Methode. Wir kennen alle aus der Zeit der Corona-Pandemie noch dieses Testverfahren. Im Unterschied zu einem Antigentest, den man selbst durchführen kann, wird der präzisere PCR-Test im Labor ausgewertet. Wir haben nun ein Testverfahren entwickelt, das zuhause durchgeführt werden kann und innerhalb von 30 Minuten ein ebenso präzises Ergebnis ergibt wie ein PCR-Test. Dafür detektieren bzw. identifizieren wir jeweils das Erbgut, also die RNA oder DNA, eines Virus‘, eines Bakteriums oder eines Pilzes. Unser Testverfahren zeigt im Ergebnis also nicht nur Infektionen durch den SARS-CoV-2-Virus an, sondern erkennt auch andere Viren, Bakterien oder Pilze.

Waren oder sind damit aufwändige Forschungsarbeiten verbunden?

Dr. Esmaillie: Eigentlich nicht. Im Grunde ist das Verfahren aus der Not heraus während der Corona-Pandemie entstanden. Ich war zu der Zeit Promotionsstudent im nephrologischen Forschungslabor an der Uniklinik Köln. Das Labor ist direkt an die Notaufnahme angegliedert. Viele der Ärztinnen und Ärzte arbeiten daher dort sowohl im Labor als auch in der Notaufnahme. Während der Corona-Pandemie herrschte natürlich vor allem an Patientinnen und Patienten mit Verdacht auf eine Corona-Infektion ein riesiger Andrang. Die mussten dann erst einmal isoliert werden, weil es ein paar Tage dauerte, bis die Ergebnisse des PCR-Tests vorlagen.

Also haben wir überlegt, wie man das Verfahren abkürzen könnte. Unsere Recherchen haben dann ergeben, dass es auch eine sogenannte isothermale Aplifikationsmethode gibt. Die funktioniert ähnlich wie die PCR-Methode, hat aber den Vorteil, dass sie wesentlich schneller und außerdem außerhalb eines Labors durchgeführt werden kann.

Sie haben dann daraus eine Geschäftsidee entwickelt und ein Unternehmen gegründet. Wie kam es dazu? Der Schritt erfolgt ja nicht zwangsläufig.

Dr. Esmaillie: Nein, der ist nicht zwangsläufig und die Idee, den Weg in die unternehmerische Selbständigkeit zu gehen, war auch nicht von Anfang an da. Wir hatten zu Anfang sogar eine Reihe von Diagnostik-Unternehmen gefragt, ob sie unser Verfahren nicht übernehmen und weiterentwickeln möchten. Es war ja damals noch kein fertiges Produkt. Aber das war denen zu aufwändig. Also haben wir ein eigenes Unternehmen gegründet. In gewisser Weise kam mir das sehr entgegen, weil ich mich eigentlich schon immer für das Thema Gründung interessiert hatte. Insofern habe ich die Chance genutzt.

Sie haben Detechgene gemeinsam mit Dr. Robin Bayer gegründet. Welchen Part hat er übernommen?

Dr. Esmaillie: Robin ist Entwicklungsingenieur. Er ist derjenige, der das Tool entwickelt hat, mit dem praktisch jede und jeder den Test durchführen kann. Meine Kompetenzen liegen dagegen im Bereich der Genetik. Robin war ursprünglich mein Kollege an der Uniklinik Köln gewesen. Nachdem ich ihn gefragt hatte, ob er nicht Lust hätte mit mir zusammen ein Start-up zu gründen, war er gleich Feuer und Flamme. Das hat alles super gepasst. Und jetzt sind wir auch schon zwei Jahre dabei.

 Bei Ihren Gründungsvorbereitungen wurden Sie durch das Gateway der Uni Köln betreut. Wie sah diese Betreuung aus?

Dr. Esmaillie: Mit dem Gateway kam ich schon relativ früh in Kontakt, weil ich einfach an dem Thema Gründung interessiert war und daher immer wieder Pitch-Veranstaltungen besucht habe, bei denen sich die Gründungsteams präsentiert haben. Außerdem habe ich an Kursen für Studierende aus den Naturwissenschaften teilgenommen, in denen Gründungsideen durchgespielt wurden.

Als dann tatsächlich feststand, dass wir ein eigenes Start-up auf den Weg bringen wollen, war klar, dass wir zum Gateway gehen. Gleich zu Beginn der Betreuung wurde uns ein Coach zur Seite gestellt, mit dem wir uns dann einmal in der Woche getroffen haben. Außerdem stand uns ein Arbeitsraum zur Verfügung. Kurze Zeit später haben wir beim Gateway-Wettbewerb „Startup Your Idea Contest“ teilgenommen und den ersten Platz erreicht. Daraufhin wurden wir in den Gateway Accelerator aufgenommen und erhielten jede Menge Support, um unsere Gründungsvorbereitungen voranzutreiben.

Was hat Ihnen dabei besonders gut gefallen?

Dr. Esmaillie: Der ganze Support aus der Start-up-Community zum Beispiel. Beim Gateway ist man ja von lauter Start-ups umgeben. Das ist ein großer Pluspunkt. Wir unterstützen uns alle gegenseitig extrem gut. Manche sind schon weiter und können einfach viele gute Tipps geben.

Eine enorme Bereicherung waren natürlich auch die vielen Expertinnen und Experten mit ihren Vorträgen und Workshops zur Finanzplanung, zum Marketing, zu Sales usw. Wir haben dadurch einen Überblick erhalten, was überhaupt für Aufgaben in einem Unternehmen so anfallen. Dabei wurde uns auch klar, dass man das nicht alles allein stemmen kann, aber inzwischen haben wir durch und durch kompetente Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an Bord. Die sind wirklich ein Glücksgriff.

 Das sind Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aus dem kaufmännischen Bereich?

Dr. Esmaillie: Richtig. Das funktioniert wirklich sehr gut. Wir beschäftigen zum Beispiel den ehemaligen Geschäftsführer eines Unternehmens. Der bezieht schon Rente, hat aber Spaß daran, junge Leute zu unterstützen. Der ist einfach Gold wert. Den haben wir fest eingestellt, damit er uns bei allen unternehmerischen Aufgaben unterstützt. Insgesamt haben wir jetzt drei Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und im August kommen noch zwei dazu.

 Interessant finde ich Ihre Ausführungen zu Ihrem älteren Mitarbeiter, von dessen Erfahrungen Sie offensichtlich sehr profitieren. Würden Sie sagen, dass es für Start-ups durchaus eine Chance sein kann, dass die Boomer-Generation jetzt in Rente geht und ihr Know-how in Start-ups investieren kann?

Dr. Esmaillie: Auf jeden Fall. Ich kann auch nur jedem Start-up empfehlen, mit der Generation zusammenzuarbeiten. Wir sehen das nicht nur bei unserem „Business-Menschen“. Wir beschäftigen auch einen Freelancer, der schon älter ist und früher bei einer sogenannten benannten Stelle gearbeitet hat. Der geht jetzt mit uns Schritt für Schritt die Zertifizierung durch, was natürlich toll ist. Dadurch sparen wir enorm viel Geld und Arbeit.

Apropos Geld: Sie erhalten Mittel aus dem Förderprogramm Zukunft Bio.NRW. Richtig?

Dr. Esmaillie: Ja, auch da hat uns das Gateway-Team bei der Beantragung sehr geholfen. Mit Unterstützung der Förderung werden wir jetzt ein Testverfahren entwickeln, um Magen-Darm-Viren zu detektieren, die eine Gastroenteritis, also eine Entzündung der Magen- und Dünndarmschleimhäute, verursachen. Zu unseren Projektpartnern gehören ein MedTech-Unternehmen aus Köln sowie die Virologie der Uniklinik Köln. Die Förderung durch ein Programm wie ZukunftBio.NRW hat für uns auch den Effekt, dass wir dadurch einen leichteren Zugang zu Investorinnen und Investoren erhalten. Wir können damit zeigen, dass wichtige Akteure davon überzeugt sind, dass sich aus unserem Verfahren tatsächlich ein vielversprechendes Produkt entwickeln lässt.

Gibt es denn auch besondere Herausforderungen, die Sie vielleicht vorab unterschätzt hatten?

Dr. Esmaillie: Der Zertifizierungsprozess für das oben genannten Verfahren ist schon sehr aufwändig. Man kann ja nicht einfach einen Test entwickeln und dann auf den Markt bringen. So einfach ist das leider nicht. Im Gegenteil: Der Aufwand für die Zertifizierung ist sehr hoch. Allein die Kosten dafür liegen bei etwa 200.000 Euro. Insgesamt muss man etwa zwei Jahre für den ganzen Prozess veranschlagen. Wir sind jetzt gerade dabei, eine benannte Stelle, also eine Art TÜV, ausfindig zu machen, um diesen Zertifizierungsprozess voranzutreiben.

Und Ihre zukünftigen Kunden sind dann Kliniken und Forschungslabore?

Dr. Esmaillie: Unsere Zielkunden sind vor allem erst einmal Hausärzte, Kliniken und Forschungszentren. Dann möchten wir natürlich auch in Richtung Privatkonsumenten gehen. Dabei ist unser Produkt auch sehr interessant für Entwicklungsländer, weil unser Test sehr günstig sein wird. Er benötigt auch keine Kühlkette beim Transport. Das ist natürlich für entlegene Gebiete ohne gute Infrastruktur von großem Vorteil. Wir sind daher gerade dabei, Kontakt zu „Ärzte ohne Grenzen“ und anderen NGOs aufzunehmen.

Wie sehen denn die nächsten Schritte bei Detechgene aus?

Dr. Esmaillie: Unser Ziel ist es, schnellstmöglich Umsätze zu generieren.

Wir konzentrieren uns daher aktuell auf die Entwicklung eines Labordiagnostiktests für den Veterinärbereich. Den können wir innerhalb von sechs Monaten auf den Markt bringen, weil die Zertifizierungshürde nicht so hoch ist wie im humandiagnostischen Bereich.

Letzte Frage: Haben Sie noch einen Tipp für andere Gründerinnen und Gründer parat?

Dr. Esmaillie: Ich kann nur empfehlen, über die Gründungsidee zu sprechen. Am Anfang scheut man sich davor, weil man denkt, die Idee wird geklaut. Aber das ist Unsinn. Wenn man frei darüber spricht, erhält man einfach sehr viel guten Input von außen, um die Idee weiterzuentwickeln. Dabei muss man natürlich immer etwas filtern und aufs Bauchgefühl hören, welchen Weg man einschlagen sollte.

Weitere Informationen:

Detechgene GmbH

Stand: August 2023

„Die Initiative Exzellenz-Start-up-Center NRW fördert das Gateway Exzellenz Start-up Center Universität zu Köln.“