„CEDUS hat uns vor allem bei unseren ersten Schritten sehr gut betreut.“

v.l.n.r.: Dr. Alexander Schneider, Michael Birkhoff und Dr. Christian Meter
© Thomas Spitzlei

Digitale Lehrangebote haben durch die Pandemie erheblichen Auftrieb erhalten. Dabei hat sich gezeigt, dass viele Möglichkeiten der interaktiven Kommunikation noch nicht ausgeschöpft werden. Genau das möchte das Gründungsteam der 2021 gegründeten schnaq GmbH ändern. Als ehemalige Dozenten an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf haben Dr. Alexander Schneider, Dr. Christian Meter und Michael Birkhoff unmittelbar miterlebt, woran es bestehenden Lernmanagementsystemen fehlt. Mit den von ihnen entwickelten Tools schließen sie die Lücke, indem sie Lehrenden und Lernenden den Zugang zu vielfältigen digitalen Kommunikationsmöglichkeiten verschaffen. Unterstützt wurde das Team durch das CEDUS - Center for Entrepreneurship Düsseldorf an der Universität Düsseldorf.

Herr Dr. Schneider, Herr Birkhoff, Sie bieten eine Software für die digitale Lehre an. Was ist das Besondere daran?
Dr. Schneider: Wir haben einen digitalen Werkzeugkasten entwickelt, der sowohl im Online-Unterricht als auch in Präsenzveranstaltungen eingesetzt werden kann. Ziel ist es, die Interaktion zwischen den Dozierenden und Teilnehmenden zu unterstützen. Wenn man als Dozent an der Uni zum Beispiel mit einer Vorlesung startet, öffnet man einen schnaq-Raum, so dass die Studierenden dort ihre Fragen einstellen können und möglicherweise bereits vor Vorlesungsbeginn untereinander diskutieren können. Die Fragen werden automatisch in einer Mindmap visualisiert, sodass alle Beteiligten einen Überblick darüber erhalten, welche Themen besonders häufig erwähnt werden. Ich kann als Dozent auch im Vorfeld schon Fragen beantworten oder Antworten von Studierenden kommentieren.

Birkhoff: Auch eine Wortwolke ist ein guter Eisbrecher, der den Wissensstand zu einem bestimmten Thema verdeutlicht. Man stellt eine Frage und die Studierenden führen einfach alle Begriffe auf, die ihnen dazu einfallen. Ein weiteres Feature bietet die Möglichkeit, während der Vorlesung Umfragen durchzuführen. Das lockert die Vorlesung bzw. den Unterricht auf. Und wenn die Veranstaltung vorbei ist, kann der schnaq-Raum dazu genutzt werden, die Inhalte der Veranstaltung noch einmal zu diskutieren. Das bedeutet, alle Beteiligten haben dauerhaft Zugang zu einem virtuellen Raum, in dem sie sich austauschen können.

Und so etwas gibt es noch nicht?
Dr. Schneider: Es gibt Lernmanagementsysteme. Die bieten diese Möglichkeiten aber nicht an. Unsere Toolbox lässt sich aber in bestehende Lernmanagementsysteme integrieren. Ein weiterer großer Unterschied zu vergleichbaren Anbietern ist das Thema Datenschutz. Darauf legen wir extrem viel Wert. Unsere Server stehen ausschließlich in Deutschland. Wir nutzen keine Server, die in den USA stehen. Die Daten verlassen zu keinem Zeitpunkt das Land und sind sehr datensparsam. Das heißt, Studierende können auch anonym mitmachen. Niemand ist gezwungen, einen Account zu erstellen und seine Daten anzugeben.

In welchem Kontext ist Ihre Toolbox entstanden?
Dr. Schneider: Michael sowie unser Co-Gründer Christian Meter und ich haben als Dozenten an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf gearbeitet. Wir waren am Lehrstuhl für Rechennetze beschäftigt und haben dort zu Diskussionsplattformen geforscht. Im Verlauf des Lockdowns während der Pandemie ist uns bewusst geworden, dass die Möglichkeiten für einen vernünftigen digitalen Unterricht bei weitem noch nicht ausgeschöpft wurden. Es fehlte einfach an interaktiven Kommunikationsmöglichkeiten. Bei den Online-Vorlesungen wusste man zum Beispiel nicht, ob das, was man da erzählt, überhaupt von den Studierenden verstanden wird. Kommt das überhaupt an? Hat damit jemand Probleme?

Natürlich gibt es verschiedene Tools, um das Ganze interaktiver zu gestalten, aber die haben den Nachteil, dass man dazu mehrere Plattformen braucht, da keine davon sämtliche Features bietet. Es wird immer nur ein kleiner Teilbereich abgedeckt. Oder sie sind datenschutztechnisch heikel, weil es sich um eine nicht EU-basierte Software handelt mit Datenschutzvereinbarungen, die in der EU eigentlich gar nicht eingesetzt werden dürfen. Das wollten wir besser machen.

Zu Ihren Kunden gehören Hochschulen. Wie finden sie zueinander?
Dr. Schneider: Die Akquise bei den Hochschulen hat tatsächlich länger gedauert als gedacht. Wir waren letztes Jahr im Juni auf der LEARNTEC, eine der größten Messen für digitale Lerntools, Bildungssoftware und Bildung, wo wir auch mit sehr vielen Hochschulvertreterinnen und -vertretern Kontakt hatten. Die Gespräche waren eigentlich sehr vielversprechend, aber die Entscheidungsprozesse dauern einfach sehr, sehr lang. Die Personen, die die Gelder für den Einkauf bewilligen, sind nicht dieselben, die die Software beschaffen. Das heißt, es braucht eine ganze Reihe von Abstimmungsrunden bis dem Kauf zugestimmt wird. Das dauert. Inzwischen gehören immerhin eine Handvoll Hochschulen zu unseren Kunden, darunter die Uni Düsseldorf, die Hochschule Aalen und die Hochschule Leipzig. Das Geschäftsmodell sieht so aus, dass wir Rahmenverträge mit den Hochschulen abschließen. Die bekommen eine Campuslizenz, so dass alle Dozierenden sich mit ihrem Uni-Log einloggen können. Sie brauchen also keine Extra-Accounts.

Positiv überrascht hat uns übrigens, dass die Dozentinnen und Dozenten an den Hochschulen die Software sehr gerne einsetzen und sehr offen gegenüber digitalen Lehrmethoden sind. Das hatten wir so nicht erwartet.

Wer gehört noch zu Ihrer Zielgruppe?
Birkhoff: Das sind vor allem Unternehmen, die Fortbildungen anbieten bzw. in der Erwachsenenbildung aktiv sind. Vor allem größere Unternehmen haben eigene Abteilungen, die sich nur um die Fortbildung ihrer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter kümmern. In dem Bereich haben wir mittlerweile sehr viele Kunden. Da gehen die Entscheidungsprozesse auch deutlich schneller voran. Vom ersten Gespräch bis zum Vertragsabschluss dauert es meist nur ein paar Wochen bis wenige Monate.

AllgemeinbildendeSchulen sind leider bislang kaum unter unseren Kunden vertreten. Zum einen, verfügen sie meist nicht über die notwendigen Ressourcen, um sich mit Software zu beschäftigen. Zum anderen sind sie auch technisch oft noch gar nicht so weit. Nicht alle haben Internet, geschweige denn WLAN in den Klassenräumen. Oft fehlt es auch an den entsprechenden Geräten für die Schülerinnen und Schüler. Das ist von daher ein sehr schwieriges Feld.

Wie bewerben Sie denn Ihre Software?
Dr. Schneider: Die LEARNTEC war ein sehr guter Kanal für uns. Außerdem betreiben wir natürlich unsere Social-Media-Kanäle und besuchen Veranstaltungen, die mit Bildung zu tun haben. Wir schreiben Blog-Beiträge, die sich mit dem Thema digitale Lehre beschäftigen. Dabei positionieren wir uns auch als Alternative zu den ganzen amerikanischen Tools, die ähnliche Bereiche abdecken.

Birkhoff: Darüber hinaus kontaktieren wir die zuständigen Ansprechpartner für e-Learning in den Hochschulen. Die legen sehr viel Wert auf Datenschutz und freuen sich, wenn man anruft und eine Alternative zu den bestehenden datenschutzkritischen Angeboten hat.

Bei Ihren Gründungsvorbereitungen wurden Sie von Cedus, dem Gründungsnetzwerk der Uni Düsseldorf, unterstützt. Was war aus Ihrer Sicht besonders hilfreich?
Dr. Schneider: Vor allem die Betreuung während der ersten Schritte. Keiner von uns hatte Erfahrung mit der Gründung eines Start-ups. Da war es einfach sehr gut, einen Ansprechpartner zu haben, mit dem man jederzeit die nächsten Schritte besprechen konnte. Als Gründer hat man ja jede Menge Fragen: Wo kriegen wir Fördergelder her, um das Ganze professionell zu entwickeln? Wie sieht es mit den Lizenzen für die Software aus? Wem gehört was? Wo erhält man weitere Unterstützung? Zu vielen Fragen wurden wir von CEDUS an Fachleute vermittelt: Anwälte, Wirtschaftsprüfer usw., die uns pro bono Tipps zum Gründungsprozedere geben konnten.

Birkhoff: Bevor wir unsere Software schnaq genannt haben, hatten wir uns einen anderen Namen überlegtund mussten in Erfahrung bringen, ob den bereits auf dem EU-weiten Markt gibt. Dieselbe Frage stellte sich auch bei unserem Logo. Die Recherchen haben dann ergeben, dass sowohl der Name als auch ein ähnliches Logo bereits für eine Software existierte. Zum Glück hatten wir das mit Hilfe unserer Berater rechtzeitig entdeckt.

Gab es im weiteren Verlauf Ihrer Gründungsvorbereitungen besondere Herausforderungen?
Dr. Schneider: Das Thema Förderung war nicht einfach. Es gibt ja verschiedene Programme, wie Start-up-Transfer NRW oder EXIST, die Ausgründungen aus der Wissenschaft unterstützen. Das ist einerseits sehr positiv. Aber was wir total unterschätzt hatten, war der Aufwand für die Antragstellung. Dafür muss man schon einige Monate einplanen. Man denkt immer, das geht alles ganz schnell und in einem Monat ist alles durch. Aber so ist es nicht. Letztlich hat es dann mit der Förderung leider nicht geklappt. Es ist uns aber gelungen, uns aus eigenen Mitteln zu finanzieren. Wir wachsen organisch. Und das ist gut so. Ein Teil der Finanzierung kommt durch Softwareverkäufe, ein anderer durch Programmieraufträge.

Wollen Sie denn irgendwann Investoren an Bord zu holen?
Dr. Schneider: Wir hatten anfangs zahlreiche Gespräche mit Investorinnen und Investoren geführt, haben aber dann entschieden, die Zeit besser in die Produktentwicklung zu stecken. Die Schwierigkeit ist, dass die Verkaufszyklen im Universitäts- und Schulbereich bekanntermaßen sehr lang sind. Insofern sind wir kein typischer Investment Case. Ein Investor möchte in der Regel nach sieben oder zehn Jahren seine Beteiligung mit einer hohen Rendite aus dem Unternehmen ziehen. Das kann ein Start-up im Bildungsbereich aber nicht leisten. Wenn überhaupt, kämen Business Angels für uns in Frage, die ein Stück weit Idealismus mitbringen. Aber zurzeit sind wir nicht auf eine Finanzierung von außen angewiesen.

Sie haben am Digital Innovation Hub Düsseldorf/Rheinland teilgenommen. Inwiefern haben Sie davon profitiert?
Dr. Schneider:
Wir haben an dem fünfmonatigen Akzeleratorprogramm des digihubs für frühphasige Start-ups teilgenommen. Der Mix aus Coaching, Beratung und Fördermitteln hat uns bei der Entwicklung unserer Beta-Version sehr geholfen. Damit konnten wir an potenzielle Kunden herantreten und unsere Software weiterentwickeln.

Gibt es noch einen Tipp, den Sie anderen Gründungsteams geben können?
Dr. Schneider: Das wichtigste ist, sich so frühzeitig mit den Kundinnen und Kunden zu beschäftigen. Wir haben als Wissenschaftler zunächst einmal sehr viel‚ im stillen Kämmerlein‘ programmiert und sind erst nach Monaten der Entwicklungsarbeit auf potenzielle Nutzerinnen und Nutzer unserer Software zugegangen. Kurz gesagt: Das Ergebnis war, dass wir von vielen falschen Annahmen ausgegangen waren. Die Nutzerinnen und Nutzer hatten zum Teil ganz andere Vorstellungen. Insofern war ein Teil unserer Arbeit umsonst gewesen. Deswegen können wir nur empfehlen, so früh wie möglich potenzielle Nutzerinnen und Nutzer in die Produktentwicklung mit einzubeziehen, selbst wenn es nur Designs sind, die noch gar keine Funktionalität haben. Aber man bekommt dadurch, einfach ein Gefühl dafür, wie der Markt tickt.

Birkhoff: Das kann ich nur bestätigen. Man sollte auf jeden Fall ein paar Personen die Idee vorstellen. Und wenn die dann fragen, wann man die Software bzw. das Produkt kaufen kann, weiß man, dass man auf der richtigen Spur ist. Das Stichwort heißt: Iteration: Also immer wieder Feedbackrunden mit potenziellen Kundinnen und Kunden einlegen, bis das Produkt tatsächlich marktreif ist.

 

Weitere Informationen:
schnaq GmbH

Die Initiative Exzellenz Start-up Center.NRW fördert das Projekt HHU Gründungsförderung an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf.