„Es gibt einem persönlich sehr viel, etwas Eigenes aufzubauen und Bleibendes zu schaffen. Ich freue mich darauf jeden Tag.“

Tobias Seifert und Doris Korthaus mit einer von ihnen entwickelten KD Pumpe.
© Björn Orth (orthfolio)

Ihre Kommilitonen haben immer an Autos geschraubt, Doris Korthaus fand Pumpen viel interessanter. Die Maschinenbauingenieurin hat sich in ihrer Bachelor- und Masterarbeit an der Fachhochschule Südwestfalen intensiv mit der Optimierung von Pumpensystemen beschäftigt. Dabei herausgekommen ist eine innovative Lösung, mit der sie heute erfolgreich am Markt ist – zusammen mit ihrem Co-Gründer Tobias Seifert und acht Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Auf ihrem Weg zum eigenen Unternehmen, der Korthaus Pumpen GmbH, wurde das Gründungsteam von der Fachhochschule Südwestfalen und der Universität Siegen unterstützt.

Frau Korthaus, wie kamen Sie auf die Idee, eine Drehkolbenpumpe zu entwickeln?
Korthaus:
Ich bin Maschinenbauingenieurin und hatte im Rahmen meines Studiums an der Fachhochschule Südwestfalen die Möglichkeit, mich mit Drehkolbenpumpen für Biogasanlagen zu beschäftigen. Das Problem ist, dass zahlreiche Bauteile in diesen Pumpen bei vielen Anwendungen nur vier Wochen halten, weil der Materialverschleiß so hoch ist. Und der Energieverbrauch auch. Ich habe dann in meiner Bachelorarbeit eine Lösung entwickelt, die einen bis zu 30 Prozent höheren Wirkungsgrad erzielt und die Lebenszyklen der Bauteile von vier auf zwölf Wochen – oder mehr – verlängert. Dafür wurde ich von der Hochschule mit dem Budde-Preis ausgezeichnet. Er wird für besonders herausragende und innovative Abschlussarbeiten vergeben. Der Preis wurde mir damals persönlich von dem Unternehmer und Ingenieur Dirk Budde übergeben – er ist leider inzwischen verstorben. Er war selbst ein Fachmann für Pumpen und mit seinem Unternehmen bereits seit 50 Jahren am Markt. Als er mir an dem Abend der Preisverleihung sagte: ‚Frau Korthaus, diese Lösung ist revolutionär. Sie müssen das machen!', war mir das Preisgeld ganz egal. Für mich war klar: Ich mache mich selbstständig. Ich habe dann während meines Masterstudiums das Produkt komplettiert. Während dieser Zeit habe ich auch Tobias beim Programm „Innovationslabor Südwestfalen“ kennengelernt. Er ist Physiker und Informatiker und war zuvor ebenfalls bereits selbstständig. Gemeinsam entwickelten wir die Idee, zusätzlich zu rein mechanischen Pumpsystemen auch digital-basierte Produkte und Serviceleistungen unter dem Stichwort ‚Pumping-as-a-Service‘ anzubieten. 2021 haben wir dann zusammen die Korthaus Pumpen GmbH gegründet.

Wo werden Ihre Drehkolbenpumpen denn eingesetzt?
Korthaus:
Wir stellen überwiegend Drehkolbenpumpen unter dem Produktnamen ‚KD Pumpen‘ her, die für Flüssigkeiten mit Feststoffen wie zum Beispiel Klärschlamm oder Biomasse eingesetzt werden. Biomasse beispielsweise enthält ja alles Mögliche: Steine, Äste, Sand, Hühnerknochen usw. Es geht also um Pumpen, die in der Umwelt- und Entsorgungsindustrie in Kläranlagen, Biogasanlagen, der Speiserestentsorgung, Holzpelletierungsanlagen, Molkereien und vielen weiteren Bereichen eingesetzt werden. Darüber hinaus bieten wir auch weiterführende Lösungen und Serviceleistungen rund um unsere Pumpen an.

Was ist das Besondere daran?
Korthaus: Im Vergleich zu bisherigen Lösungen sparen unsere Pumpen bis zu 30 Prozent der Energiekosten ein. Hinzu kommt, dass die Bauteile viel länger halten. Dadurch sparen die Betriebe Kosten von 50 bis 60 Prozent. Auf zehn Jahre umgerechnet entspricht das 200.000 bis 250.000 Euro. Und zu guter Letzt bereiten wir die Bauteile auch wieder auf. Das gibt es so noch nicht in der Branche. Insgesamt geht es uns vor allem darum, nachhaltige und qualitativ hochwertige Produkte herzustellen. Das ist das, was uns maßgeblich antreibt.

Wie sah die Unterstützung durch die Hochschule Südwestfalen aus?
Doris: Die Unterstützung war großartig. Dabei möchte ich an erster Stelle meinen Mentor Professor Wilhelm Hannibal aus dem Fachbereich Maschinenbau nennen. Er hat sowohl meine Bachelor- als auch Masterarbeit betreut und mir bei Fragen rund um die Patentierung geholfen. Er steht mir auch heute noch mit Rat und Tat zur Seite. Darüber hinaus hatte ich auch noch Kontakt zu anderen Lehrstühlen. Meine Erfahrung ist, dass die Atmosphäre an der Fachhochschule Südwestfalen mit ihren fünf Standorten sehr persönlich und die Hilfsbereitschaft sehr groß ist. Das schätze ich auch heute noch sehr. Auf die Gründung der Korthaus Pumpen GmbHhabe ich mich zusammen mit Tobias im Start-up-Innovationslabor Südwestfalen vorbereitet. Es war purer Zufall, dass wir uns dort kennengelernt und gleich gemerkt haben, dass wir als Gründungsteam gut funktionieren. Das Innovationslabor war ein Kooperationsprojekt der Uni Siegen und der Fachhochschule Südwestfalen und wurde damals über das Land NRW gefördert. Eigentlich brauchten wir nur zu sagen, wo der Schuh drückt, und haben dann die entsprechende Beratung erhalten. Dazu gehörten zum Beispiel ein Patent-Coaching oder auch die Beratung durch einen Anwalt. Insgesamt haben an dem Inkubator zehn Gründungsteams teilgenommen. Das Tolle ist, dass wir nach wie vor eng miteinander vernetzt sind und uns gegenseitig helfen, obwohl es schon vier Jahre her ist, dass wir an dem Inkubator teilgenommen haben.

Mit welchen Herausforderungen hatten Sie bisher zu tun?
Korthaus: Die größte Herausforderung ist eigentlich, sich selbst treu zu bleiben. Darunter verstehe ich zum Beispiel, Übernahmeangebote auszuschlagen. Natürlich haben wir in den letzten Jahren auch Kaufangebote erhalten. Wir haben uns aber ganz bewusst dagegen entschieden. Mein Mitgründer und ich sind fest entschlossen, nachhaltige und qualitativ bessere Produkte herzustellen. Dazu gehört für uns auch nachhaltiges Unternehmertum: Wir gründen, um zu bleiben. Das ist ein klassischer Mittelstandsspruch, aber ich würde den tatsächlich auch für uns so übernehmen. Bei den Gesprächen mit Investorinnen und Investoren haben wir natürlich gemerkt, dass unsere Vorstellungen von Unternehmertum nicht immer auf Gegenliebe gestoßen sind. Insofern war es manchmal schon eine sehr schwere Entscheidung, wenn wir ein vielversprechendes Investment ablehnen und weitersuchen mussten. Insofern ist es manchmal gar nicht so einfach, sich treu zu bleiben.

Was lief denn bisher besonders gut?
Korthaus: Wir sind jetzt ein Team von insgesamt zehn Personen, das wirklich gut funktioniert. Die Resonanz auf unsere Produkte am Markt ist überwältigend, weswegen wir unsere Kapazitäten aktuell ausbauen. Trotzdem betreiben wir weiterhin Akquise, nicht zuletzt, weil wir den Bekanntheitsgrad unseres Unternehmens einfach erhöhen möchten. Wir besuchen daher Netzwerkveranstaltungen und lassen uns demnächst in Fachverbänden listen. Im Sommer 2022 hatten wir außerdem einen Stand auf der ACHEMA, der Leitmesse für die Chemieindustrie in Frankfurt am Main. Für uns war dies ein weiterer Meilenstein und wir konnten viele interessante Kontakte knüpfen.

Korthaus Drehkolbenpumpe KD152 in einer Gülleverwertungsanlage
© Korthaus Pumpen GmbH / DLR e.V.

Wie sehen Ihre nächsten Schritte aus?
Korthaus: Wir expandieren international und sind gerade in Polen, Frankreich und Dänemark unterwegs. Außerdem wollen wir uns personell erweitern, gerade im Bereich Vertrieb. Und wir bewerben uns aktuell für einige Förderprogramme und wollen Förderanträge für weitere F&E-Projekte stellen, u. a. auch zusammen mit der Fachhochschule Südwestfalen.

Zu guter Letzt: Auf was sollten Gründerinnen und Gründer Ihrer Erfahrung nach achten?
Doris:
Die Entscheidung für eine Selbstständigkeit sollte niemals ad hoc getroffen werden. Man sollte sich immer wieder fragen, ob es tatsächlich der Weg ist, den man gehen will. Wir zum Beispiel sind jetzt im Skalierungsbereich angekommen, wir bauen Fertigung und Organisation weiter aus, wir beschäftigen uns mit Internationalisierung. Das ist etwas ganz anderes als die Gründungsphase, in der man seinen Prototyp fertigstellt und erste Erfolge auf Businessplanwettbewerben erzielt. Die Arbeit und das Leben als Unternehmerin bzw. Unternehmer muss man – trotz Entbehrungen – genießen. Es gibt einem persönlich sehr viel, etwas Eigenes aufzubauen und Bleibendes zu schaffen. Ich freue mich darauf, jeden Tag.

 

Weitere Informationen:

Korthaus Pumpen GmbH

 

Die Fachhochschule Südwestfalen hat in den vergangenen Jahren ihre Sensibilisierungs- und Unterstützungsangebote für Gründungsinteressierte ausgebaut.

Die Initiative Exzellenz Start-up Center.NRW fördert das Projekt enableUS an der Universität Siegen.

 

Das Interview wurde der Broschüre „Hochschulen für Angewandte
Wissenschaften in Nordrhein-Westfalen: Sprungbrett für innovative Start-ups
“ entnommen. Herausgeber: Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie