„Was uns alle im Team total überrascht hat, war die große Unterstützung, die wir erfahren haben.“

v.l.n.r.: Christian Rehne, Felix Schatz, Sigrid Dispert und Theresa Schnepp, das Gründungsteam von Memogic (ohne Benjamin Frost)
©Sebastian Zarzutzki

Einen Workshop vorzubereiten, ist für Trainerinnen, Trainer und Coaches sehr aufwändig. Bei den zahlreichen Übungen, Konzepten und Methoden geht der Überblick leicht verloren. Das Team von  Memogic möchte dies mit seiner Online-Plattform ändern. Wie das funktionieren soll, erklärt Sigrid Dispert, die zusammen mit vier Co-Foundern das Gründungsprojekt Memogic vorantreibt. Unterstützt wurden sie dabei vom Start-up Center der Bergischen Universität Wuppertal sowie von Women Entrepreneurs in Science. Das Netzwerk für Gründerinnen und gründungsinteressierte Frauen wird im Rahmen der Initiative „Exzellenz Start-up Center.NRW“ gefördert.

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Frau Dispert, Sie sind mit Ihrem Start-up Memogic gerade erst an den Start gegangen. Was bieten Sie an?
Dispert: Wir entwickeln eine Online-Plattform auf der Trainerinnen, Trainer und Coaches ihre Methoden, Übungen, Konzepte und weiteren Inhalte speichern und mit anderen Menschen teilen können. Hintergrund ist: Viele Trainerinnen und Trainer speichern ihre vielen Arbeitsdateien meist in verschiedenen Programmen und Ordnern auf ihrem Computer ab. Im Laufe der Zeit kommt da einiges zusammen. Und wie das dann so ist – das weiß ich aus eigener Erfahrung - hat man dann irgendwann vergessen, in welchen Ordnern die Dateien liegen. Wir bieten mit Memogic daher eine Plattform an, auf der man alle Informationen an einer Stelle speichern und ganz einfach wiederfinden kann.

Das ist praktisch, aber was ist das Besondere daran?
Dispert: Das Besondere ist ein bildbasiertes Ordnungssystem. Der User kann seine Übungen, Methoden usw. thematisch nach Bildkacheln sortieren und bei Bedarf per drag and drop auswählen, um den Ablauf für seinen Workshop zusammenzustellen. Das spart enorm viel Zeit. Dazu muss man wissen, dass Trainer, Trainerinnen und Coaches etwa neun Stunden für die Konzeption von nur einer einzigen Trainingsstunde benötigen. Unser Ziel ist es, dies deutlich zu reduzieren.

Wie sieht Ihr Geschäftsmodell dazu aus? Wie erzielen Sie Ihren Umsatz?
Dispert: Wir werden ein Freemium-Modell mit einer kostenlosen Basisversion anbieten. Darüber hinaus wird es Features geben, die kostenpflichtig sein werden.

Sie wurden bei Ihren Gründungsvorbereitungen von der Bergischen Universität Wuppertal betreut. Wie sah die Betreuung aus?
Dispert: Das Start-up Center der Bergischen Universität Wuppertal war unser erster Ansprechpartner. Vor unserem ersten Gespräch hatten wir noch etwas „Manschetten“, weil wir uns mit dem Thema Unternehmensgründung überhaupt nicht auskannten. Wir wussten auch nicht, ob man unsere Idee überhaupt ernst nehmen würde. Aber diese Befürchtungen wurden uns sehr schnell genommen. Es war ein unglaublich professionelles Gespräch, in dem es genau um die richtigen Themen ging: ob wir schon mit genug potenziellen Anwendern gesprochen haben, wie unser Geschäftsmodell funktionieren soll und viele weitere Dinge, die wir noch nicht so auf dem Schirm hatten. Im Nachgang haben wir dann ein ausführliches Protokoll erhalten. Auch das empfand ich als sehr professionell: Dass ein Gespräch nicht einfach so geführt wird, sondern nachgehalten wird.

Sie haben auch an Veranstaltungen von Women Entrepreneurs in Science teilgenommen?
Dispert: Ja, und dabei haben wir für uns wichtige Vorbilder kennengelernt. Dr. Alice Martin zum Beispiel hat uns sehr beeindruckt. Sie hat gemeinsam mit Co-Foundern eine Hautarzt-App entwickelt und uns einfach mit ihrer Ausstrahlung und ihrem Standing begeistert. Darüber hinaus haben wir sehr von der Vernetzung mit anderen Gründerinnen und Gründern profitiert. Es ist ja normal, dass jede Gründerin und jeder Gründer vor Herausforderungen steht und hin und wieder an sich und seinem Projekt zweifelt. Aber da hilft der Austausch mit Gleichgesinnten, die diese Herausforderungen schon hinter sich haben, einfach ungemein – ganz gleich, ob man sich mit Unternehmerinnen oder Unternehmern darüber unterhält.

Inwieweit hilft Ihnen das Netzwerk von Women Entrepreneurs Science bei der weiteren Entwicklung Ihres Start-ups?
Dispert: Das Team von Women Entrepreneurs in Science ist sehr kompetent. Wir hatten zum Beispiel eine Frage zu Virtual Shares, also der Beteiligung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern am Verkauf, und haben sofort eine Ansprechpartnerin bekommen, die uns dazu Rede und Antwort stehen konnte. Das war natürlich großartig und funktioniert auch heute noch so: Wenn wir mit unseren Netzwerkkontakten von Women Entrepreneur Science sprechen und eine Frage haben, heißt es oft: Sprich doch mal mit dieser Person, die hatte diese Herausforderung schonmal und hat sie gut gemeistert.

Sie sprechen von „wir“: Wer gehört alles zum Team von Memogic?
Dispert: Wir sind insgesamt fünf Gründerinnen und Gründer. Theresa Schnepp ist unsere Business Developerin. Sie hat bereits viel Start-up-Erfahrungen gesammelt und war auch schon im Silicon Valley unterwegs. Theresa und ich kümmern uns um Marketing, Sales, Finanzierung und alles, was sonst noch rund ums Business wichtig ist. Deswegen stehen wir auch im Austausch mit Netzwerken, Beratungseinrichtungen usw. Und da wir beides Frauen sind, lag es nahe, dass wir uns auch an Women Entrepreneurs Science wenden. Für die Programmierung sind Felix Schatz, Christian Rehne und Benjamin Frost zuständig. Felix ist von der ersten Stunde bei Memogic dabei und hat das Backend im Blick. Christian und Benjamin kümmern sich als Full-Stack Entwickler um die Programmierung aller Funktionen.

Wie sieht es mit der Finanzierung aus?
Dispert: Wir hatten die Möglichkeit, am Ignition-Programm des digihubs Düsseldorf teilzunehmen. Das ist ein fünfmonatiges Intensivprogramm für Start-ups, das uns nicht nur ein großes Stück vorangebracht, sondern auch 25.000 Euro für die Produktentwicklung zur Verfügung gestellt hat. Darüber hinaus finanzieren wir uns per Bootstrapping, also über eigene Mittel. Das funktioniert ganz gut, weil wir alle noch in Teilzeit berufstätig sind.

Wie weit sind Sie mit den Vorbereitungen für Memogic?
Dispert: Wir haben viele Meilensteine zum Teil auch durch das Ignition-Programm bewältigt. Unser Social Media Auftritt und unsere Webseite sind fertig. Wir haben viele Interviews mit potenziellen Anwenderinnen und Anwendern geführt und unser Produkt entsprechend weiterentwickelt. Im Oktober haben wir unser Minimal Viable Product, also die Grundversion getestet. Die offizielle Gründung von Memogic findet voraussichtlich Ende 2021 statt.

Gibt es auch Aha-Erlebnisse, die Sie aus Ihren bisherigen Erfahrungen als Gründerin mitnehmen?
Dispert: Ja, das betrifft vor allem Änderungen in unserem Mindset. Anfangs haben wir gedacht, wir müssten unsere Idee unbedingt geheim halten. Das war falsch. Wir hätten viel Zeit gespart, wenn wir frühzeitig mit der Idee „nach draußen“ gegangen wären. Ab dem Moment, ist nämlich der Ball erst so richtig ins Rollen gekommen. Wir haben auch gelernt, eine Gründung nicht als Sprint zu sehen, sondern als Marathon. Ich weiß, das sagen viele. Aber man sollte das auch wirklich ernst nehmen, weil sich mit dieser Einstellung viel besser die Hürden, mit denen jedes Gründungsteams zu tun hat, überwinden lassen.

Was uns alle im Team total überrascht hat – insofern war das auch ein Aha-Erlebnis – war die große Unterstützung, die wir erfahren haben. Sei es bei Women Entrepreneurs in Science, dem Female Innovation Hub in Düsseldorf, dem digihub Düsseldorf, dem Gründungswettbewerb Senkrechtstarter, der Corporate Law Clinic, einem Verein, der junge Gründerinnen und Gründer unterstützt, bis hin zu einer großen Anwaltskanzlei, die uns pro bono beraten hat. Die Aufzählung ließe sich noch fortsetzen, aber ich kann sagen, dass uns diese Hilfsbereitschaft einfach sehr positiv überrascht hat.

Welche Tipps würden Sie anderen Gründerinnen und Gründern geben?
Dispert: Ich würde drei Tipps geben. Erstens: Teilt Eure Idee mit und testet mit Hilfe von User-Interviews, ob sie wirklich Bestand hat. Zweitens: Sucht Euch Unterstützung, sei es in Form von Beratungsangeboten, Veranstaltungen oder Wettbewerben und nehmt diese Hilfe auch an. Drittens, - das ist etwas, was für uns sehr wichtig war – sucht Euch Sparringpartner, also andere Gründerinnen und Gründer, die in einer ähnlichen Phase sind, mit denen man sich vernetzen und austauschen kann.

Stand: September 2021

Women Entrepreneurs in Science wird über die Landesinitiative Exzellenz Start-up Center.NRW gefördert.