„Hätte uns jemand vor zweieinhalb Jahren gesagt, dass wir heute zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und über 30 Kunden haben, den hätten wir für verrückt erklärt.“

v.l.n.r.: Lena Benecken, Monja Meier und Dennis Berkemeier
© Anna Spindelndreier

Als Monja Meier noch in der Baubranche im Außendienst eines Softwareherstellers arbeitete, wurde sie von Unternehmen immer wieder nach einer Software zur Abwicklung der kompletten Arbeitsschutzmaßnahmen gefragt. Eine Recherche ergab keine brauchbaren Ergebnisse. Auch der Arbeitgeber von Monja Meier zeigte wenig Interesse, die Idee weiterzuverfolgen. „Dann mache ich es eben selbst“, sagte sich die Betriebswirtin. Zusammen mit Lena Benecken und Dennis Berkemeier gründete sie im Juni 2020 die EASI Control GmbH. Unterstützt wurde das Team dabei durch die Gründungsförderung der FH Münster und der TAFH Münster GmbH.

EASI Control bietet eine Software rund um die Themen Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz an. Was hat es damit auf sich?
Benecken:
Die von uns entwickelte Software unterstützt kleine und mittlere Unternehmen bei der gesetzeskonformen Umsetzung des Arbeitsschutzes – von der Unterweisung ihrer Mitarbeitenden, über Gefährdungsbeurteilungen bis hin zur Durchführung von Arbeitsstättenbegehungen. Das Ganze ist revisionssicher und auditfähig, sodass die Unternehmen am Jahresende überprüfen können, ob sie ihre Arbeitsschutzziele erreicht haben. Außerdem wollen wir zukünftig Schulungen rund um den Arbeitsschutz anbieten, um der Scheu vor der Komplexität des Themas weiter entgegenzuwirken.

Und was ist das Besondere daran?
Benecken: Es gibt Wettbewerber, die eine Software zum Beispiel zur Gefährdungsbeurteilung oder Mitarbeiterunterweisung in Sachen Arbeitsschutz anbieten. Das sind aber nur Insellösungen. Unser Tool berücksichtigt alle Aufgaben und Anforderungen des Arbeitsschutzes und orientiert sich an den individuellen Unternehmensstrukturen. Damit schließen wir eine Marktlücke.

Sie sprechen von „wir“. Wer gehört dazu?
Benecken: Der Kopf des Ganzen ist Monja. Sie ist Betriebswirtin, hat jahrelang in der Baubranche gearbeitet und hatte die Idee zu unserer Software. Aufgrund ihrer Berufserfahrungen leitet sie bei uns auch das Vertriebsteam. Dennis hat an der TU Dortmund Informatik studiert und ist für die IT und Softwareentwicklung zuständig. In meinen Händen liegen das Marketing sowie das Design unseres Tools. Darüber hinaus gehören inzwischen zwölf Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu unserem Team.

Sie wurden bei Ihren Gründungsvorbereitungen durch die Gründungsförderung der FH Münster und der TAFH Münster GmbH betreut. Wie kam es dazu?
Benecken: Monja hatte sich an die Gründungsexpertinnen und -experten der FH Münster gewandt, weil sie dort vor ihrer Berufstätigkeitstudiert hatte. Gleich beim ersten Gespräch wurde auch die Zusammensetzung des Teams besprochen. Dabei stellte sich heraus, dass es sinnvoll wäre, nicht nur einen ITler, sondern auch jemanden mit Design- und Marketingerfahrung an Bord zu holen. Und da wir drei uns schon ewig kennen, fragten mich Monja und Dennis, ob ich mitmachen möchte. Ich selbst habe vorher Medienwissenschaft und Design an der Uni Paderborn studiert und im Bereich Öffentlichkeitsarbeit gearbeitet. So ergänzen sich unsere Kompetenzen im Gründungsteam.

Im Herbst 2019 haben wir uns dann für das EXIST-Gründerstipendium beworben. Dass wir den Zuschlag dann Anfang 2020 erhalten haben, lag nicht zuletzt auch an der Betreuung durch das Entrepreneurship-Team. Unsere Ansprechpartnerinnen und -partner waren einfach sehr aufgeschlossen und interessiert an der Idee und haben uns bei der Erstellung des Businessplans sehr unterstützt. Nach der Bewilligung von EXIST ging es dann weiter mit regelmäßigen Strategiebesprechungen.

Diese Vogelperspektive einzunehmen und zu schauen, ob wir immer noch dahin unterwegs sind, wo wir hinwollen, oder ob wir gerade eine falsche Abzweigung genommen haben und wieder auf unseren Weg zurückfinden müssen, hat uns enorm geholfen. Im Laufe der EXIST-Förderung sind wir dann an den Start gegangen und haben die EASI Control GmbH gegründet. In dieser Startphase haben wir noch am Accelerator der Founders Foundation in Bielefeld teilgenommen. Das ist eine Art Start-up-School der Bertelsmann Stiftung, die uns vor allem in puncto Finanzierung viel Input und Kontakte zu Investorinnen und Investoren verschafft hat.

Sie sind seit 2020 am Markt. Wer gehört zu Ihrem Kundenkreis?
Benecken: Wir fokussieren uns derzeit noch auf die Baubranche. Dort ist der Pain Point beim Arbeitsschutz besonders ausgeprägt. Bauunternehmen sind durch die verschiedenen Baustellen ja sehr dezentral organisiert. Das macht die Verwaltung des Arbeitsschutzes nicht unbedingt einfacher. Dass wir inzwischen bereits bundesweit Kunden in der Branche haben, haben wir auch der Teilnahme an dem Projekt DigiGAAB zu verdanken, mit dem die Berufsgenossenschaft der Bauwirtschaft die Digitalisierung in Handwerksbetrieben vorantreiben wollte. Was auch gut funktioniert, ist Kaltakquise und die Teilnahme an Messen wie der digitalBAU in Köln oder der Tech in Construction in Berlin. Mittlerweile erreichen uns aber auch Anfragen aus anderen Branchen – sei es aus der chemischen Industrie oder der Logistik. Neulich hat uns sogar ein Bistum angerufen – auch die müssen ihre Arbeitsschutzmaßnahmen verwalten.

Haben Sie nach der Gründung auch eine weitere Finanzierung in Anspruch genommen?
Benecken:
Wir haben im Anschluss an das EXIST-Gründerstipendium Ende 2021 eine erste Finanzierungsrunde abgeschlossen. Einmal mit dem Programm Start-up akut der NRW. Bank sowie mit Business Angels und Frühphasen-Investoren. Aktuell bereiten wir die zweite Runde vor. Aber der Markt ist bekanntermaßen wesentlich schwieriger geworden. Der wurde quasi einmal auf links gedreht.

Dennoch ist es bei Ihnen ziemlich gut gelaufen.
Benecken:
Wir haben ursprünglich gedacht: Monja hat die Idee und kann Vertrieb, Dennis kann IT und Entwicklung, und ich kann Design und Marketing. Alles klar. Das machen wir zu dritt. Hätte uns jemand vor zweieinhalb Jahren gesagt, dass wir heute zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und bundesweit über 30 Kundinnen und Kunden haben, den hätten wir für verrückt erklärt.

Gab es trotzdem größere Herausforderungen, die Sie bewältigen mussten?
Benecken: Jede Phase hat ihre Herausforderung, das ist ganz klar. Wir waren zum Beispiel nach der ersten Finanzierungsrunde ziemlich euphorisch und wollten das Geld nutzen, um uns personell besser aufzustellen. Wir waren dann aber doch ziemlich überrascht, wie lange es dauert, gutes Personal zu finden. Und um beim Thema Personal zu bleiben: Die Führung von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ist sicher für viele schnell wachsende Unternehmen eine Herausforderung. Wir sind ein sehr offenes Team. Uns ist es wichtig, flache Hierarchien und kurze Kommunikationswege zu pflegen. Das klappt eigentlich auch ganz gut, aber eben nicht immer. Es gab auch schon Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit der Kommunikation auf einer Wellenlänge und den Freiräumen bei der Arbeit nicht zurechtkamen. Von denen mussten wir uns dann leider trennen. Von daher haben wir gelernt, dass es ganz hilfreich ist, ab und zu seine Führungsrolle deutlich zu machen.

Wie sehen Ihre nächsten Schritte aus?
Benecken:
Wir sind aktuell auf der Suche nach Investorinnen und Investoren, um vor allem unser Sales-Team auszubauen. Nach Abschluss der zweiten Finanzierungsrunde möchten wir in den kommenden drei bis fünf Jahren unsere Fühler in der DACH-Region und weiteren EU-Ländern ausstrecken. Durch die EU-Normen im Arbeitsschutzbereich ist es naheliegend, die digitale Verwaltung von Arbeitsschutzmaßnahmen europaweit anzubieten.

Hätten Sie noch einen Tipp für andere Gründungsteams parat?
Benecken:
Schon tausendmal gehört, tausendmal gelesen, tausendmal gesagt: Netzwerken! Man kann noch so ein tolles Produkt haben: Wenn niemand davon erfährt oder man sich kein Feedback von den richtigen Leuten holt, stagniert das Ganze. Auch wenn es manchmal unangenehm ist oder man nicht der Typ dafür ist: Man muss da einfach ins kalte Wasser springen, weil es unheimlich wichtig ist.

 

 

Weitere Informationen:
EASI Control GmbH

 


Die FH Münster hat in den vergangenen Jahren ihre Sensibilisierungs- und Unterstützungsangebote für Gründungsinteressierte ausgebaut.

Das Interview wurde der Broschüre „Hochschulen für Angewandte Wissenschaften in Nordrhein-Westfalen: Sprungbrett für innovative Start-ups“ entnommen. Herausgeber: Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie