„Der persönliche Ansprechpartner des GUIDE-Teams an der Uni Duisburg-Essen hilft uns bei Fragen und vernetzt uns mit Fachleuten.“

v.l.n.r: Gregor Schmid-Szybisty, Stefan Sommer und Dr. Florian Knobbe, das Gründungsteam der gapcharge GmbH
@ gapcharge GmbH

In der Logistik hat die Elektromobilität schon seit langem Einzug gehalten: Elektrisch betriebene Gabelstapler, Hubwagen und andere Fahrzeuge sind in jeder größeren Lagerhalle zu finden. Um das Laden der Akkus zu optimieren, haben Dr. Florian Knobbe, Stefan Sommer und Gregor Schmid-Szybisty ein intelligentes kabelloses Ladesystem entwickelt. Die Idee dazu entstand im Rahmen eines Forschungsprojekts an der Universität Duisburg-Essen (UDE). Im Mai 2021 ist das Gründungsteam mit seinem Startup gapcharge an den Start gegangen. Unterstützt wurde es dabei vom GUIDE, dem Zentrum für Gründungen und Innopreneurship an der UDE.

Herr Dr. Knobbe, Sie entwickeln kabellose intelligente Ladesysteme. Wo werden diese Ladesysteme eingesetzt?
Dr. Knobbe:
Kabelloses Laden ist generell nichts Neues. Man kennt das von der elektrischen Zahnbürste oder vom Smartphone. Was wir nun versuchen: das Ganze kostengünstig in die Logistik und andere Bereiche reinzubringen. Wenn beispielsweise in einem großen Lager Ware von A nach B mit einem Elektrofahrzeug transportiert wird, kommt es immer wieder zu einem kurzen Stopp, weil der Mitarbeiter zum Beispiel Frachtpapiere an einem Terminal abholen muss, dann wieder in sein Büro fährt, um die Frachtpapiere in seinem Computer einzugeben usw. Diese Fahrtpausen, in denen das Fahrzeug steht, könnten zum Aufladen der Batterie genutzt werden. Und genau dafür, für dieses Gelegenheitsladen, haben wir ein kostengünstiges Ladesystem mit intelligenter Software entwickelt, die das Lademanagement an die Nutzungszeit und an den spezifischen Batterietyp anpasst. Das ist natürlich auch für den öffentlichen Bereich denkbar, wenn man allein an die vielen E-Scooter oder E-Bikes denkt, die in den Städten herumfahren.

In welchem Kontext ist das Ganze entstanden?
Dr. Knobbe:
Wir kommen aus dem Forschungsprojekt Talako, das sich mit einem Ladekonzept für Elektrotaxis beschäftigt und in dessen Rahmen bereits in Mülheim an der Ruhr eine Prototypanlage aufgebaut wurde. Das Ganze geht jetzt auch in Köln in die Umsetzung. In diesem Kontext haben wir festgestellt, dass das kabellose Laden in bestimmten Bereichen zwar schon am Markt erhältlich ist, aber es immer noch Potenzialbereiche gibt. Das liegt unter anderem daran, dass der Preis für die kabellose Ladetechnik bei einigen Leistungsklassen noch nicht im Verhältnis zum Preis des Fahrzeugs steht. Deswegen möchten wir mit einer kostengünstigen Variante einen größeren Markt erschließen.

Und wie kamen Sie auf die Idee, sich selbstständig zu machen? Der Sprung aus der Forschung ins Unternehmertum ist ja nicht selbstverständlich.
Dr. Knobbe:
Das stimmt, aber Gregor Schmid, Stefan Sommer und ich haben schon während unserer gemeinsamen Forschungsarbeit mit dem Gedanken gespielt, irgendwann etwas Eigenes umzusetzen. Und als im Rahmen unseres Forschungsprojektes immer mehr Unternehmen mit der Frage auf uns zukamen, ob das kabellose Laden auch für deren Fahrzeuge möglich ist, haben wir gesehen, dass dort ein Marktpotenzial vorhanden ist. Nachdem wir dann von der Förderung durch Startup Transfer.NRW gehört hatten, haben wir unsere Gründungsvorbereitungen in Angriff genommen und 2020 vor dem Wirtschaftsministerium NRW erfolgreich gepitcht.

Was war für Sie das Besondere an Start-up Transfer.NRW?
Dr. Knobbe:
Dass wir dadurch die Möglichkeit hatten, aus einer Forschungsidee eine Gründungsidee zu entwickeln. Und dass wir uns anschauen konnten, wie wir das Ganze vorantreiben können. Dabei bewegen wir uns nach wie vor in einem geschützten Raum, da wir ja immer noch an der Uni angestellt sind und aus dem Forschungskontext ins Unternehmertum hineinwachsen können. Hinzu kommt die inhaltliche Betreuung. Angefangen bei der Antragstellung, bei der uns der Projektträger Jülich sehr unter die Arme gegriffen hat, bis hin zur laufenden Betreuung durch die Uni: Seit Anfang 2020 ist dies das Zentrum für Gründungen und Innopreneurship an der Universität Duisburg-Essen, GUIDE.

Wie sieht die Unterstützung durch das GUIDE aus?
Dr. Knobbe:
Im August haben wir zum Beispiel an einer Innovationswerkstatt des GUIDE teilgenommen, um uns über die Möglichkeiten einer Anschlussfinanzierung zu informieren. Dazu gab es einen intensiven dreitägigen Workshop mit vertiefenden Gesprächen. Der persönliche Ansprechpartner des GUIDE-Teams an der Uni Duisburg-Essen hilft uns bei Fragen und vernetzt uns mit Fachleuten. Darüber hinaus hat uns die Professorenschaft, besonders Dr. Heike Proff, Professorin am Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre & Internationales Automobilmanagement, sehr unterstützt. Unter dem Strich kann ich sagen, dass wir die Atmosphäre an der UDE als gründungsfreundlich erlebt haben. Professorinnen, Professoren und Mitarbeitende sind immer offen für einen Austausch und geben gerne hilfreiche Tipps.

Wovon haben Sie denn am meisten profitiert?
Dr. Knobbe:
Da wir relativ interdisziplinär aufgestellt sind – ich habe beispielsweise im strategischen Management promoviert –, kennen wir auch die betriebswirtschaftlichen Anforderungen an eine Unternehmensgründung. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, mit den richtigen Leuten ins Gespräch zu kommen. Ich denke, das ist eine Erkenntnis aus dieser Zeit: dass es viele Leute gibt, die einem gute Tipps geben können und einem weiterhelfen. Ebenso sollte man sich mit regionalen Partnern vernetzen und Veranstaltungsangebote für Gründerinnen und Gründer nutzen. Wir haben beispielsweise hier im Duisburger Hafen am startport-Programm teilgenommen, um noch tiefer in die Logistik und deren Herausforderungen einzutauchen. Wir haben dabei viele Ansprechpartner aus Unternehmen kennengelernt, die für die Entwicklung unseres Start-ups wichtig sind.

Trotz aller positiven Seiten gab es sicher auch die eine oder andere Herausforderung, oder?
Dr. Knobbe:
Ja klar. Wir hatten beispielsweise durch Corona harte Einschnitte. Durch den weltweiten Mangel an Halbleitern sind die Preise für Mikrochips oder elektrische Komponenten kurzfristig von bspw. 60 Cent auf 20 Euro hochgeschossen. In dieser Situation ist das eigene Netzwerk sehr wichtig für uns gewesen, weil wir in Gesprächen unsere Situation spiegeln und nach Lösungen suchen konnten.

Jedes Gründungsteam macht Fehler. Das gehört dazu. Welchen Ihrer Fehler würden Sie hervorheben?
Dr. Knobbe:
Wir haben am Anfang relativ breit gedacht und wollten sozusagen die eierlegende Wollmilchsau erfinden. Stattdessen wäre es besser gewesen, sich von Anfang an auf bestimmte Kernfunktionalitäten zu fokussieren und diese stetig zu verbessern. Das haben wir dann aber eben erst im übernächsten Schritt gemacht. Insofern haben wir dieses Lehrgeld am Anfang bezahlt. Ab einem gewissen Punkt sollte man dementsprechend seine Fehler aber auch gemacht haben und sagen: Dieses Produkt haben wir jetzt so und so entwickelt und auf diesem Stand arbeiten wir weiter. Natürlich darf man weiterhin nicht mit Scheuklappen herumlaufen. Im Gegenteil, gerade am Anfang muss man diese Offenheit haben, daher waren wir beispielsweise letztes Jahr auf Deutschlandtour und haben uns viele verschiedene Logistikhallen und deren Probleme angesehen. Die potenziellen Kunden haben uns Feedback gegeben und wir haben dieses umgesetzt. Aber irgendwann muss man sich entscheiden, wo die Produktgrenzen liegen und in welche Richtung man das Produkt entwickeln möchte. Und darauf sollte man sich dann voll und ganz konzentrieren.

Stand: November 2021