„Wir konnten unseren Prototyp im MakerSpace des CET – Centrums für Entrepreneurship & Transfer der TU Dortmund herstellen.“

© Jan Bernholz
Chiara Schmitz
© Jan Bernholz

Jan Bernholz und Chiara Schmitz, das Gründungsteam der eseidon GmbH.

Aquakulturen gewinnen nicht zuletzt wegen der Überfischung der Meere zunehmend an Bedeutung. Für die Betreiber ist es dabei vor allem wichtig zu wissen, ob ihre Fische oder Krustentiere gesund sind und sich vermehren. Jan Bernholz und Chiara Schmitz haben zu diesem Zweck einen neuartigen AquaDetector entwickelt, der mittels Bilderkennungsverfahren den Tierbestand analysiert und sortiert. Gegründet haben die beiden ihr Start-up eseidon übrigens im Nebenberuf. Bei ihren Vorbereitungen hat sie das CET – Centrum für Entrepreneurship & Transfer an der Technischen Universität Dortmund unterstützt.

Herr Bernholz, was ist das Besondere an dem AquaDetector von eseidon?
Bernholz:
Wir sind die Ersten am Markt, die eine Sortiermaschine für Fische entwickelt haben, die nach Fischarten trennen sowie Deformationen, den Gesundheitszustand und das Geschlecht der Tiere erkennen kann. Die Idee ist für die Aquakultur entstanden, lässt sich aber auch in anderen Bereichen einsetzen.

Wie genau funktioniert das Ganze?
Bernholz:
Wir haben eine Hardware- und eine Softwarekomponente entwickelt. Bei der Hardwarekomponente handelt es sich um eine Vereinzelungseinheit, ähnlich wie ein Trichter. Da werden die Tiere einzeln durchgelotst, um in eine durchsichtige Röhre zu gelangen, wo sie von mehreren Kameras aufgenommen werden. Anhand des Videos können wir über einen Algorithmus feststellen, ob das Tier gesund ist oder nicht. Hinter der Bilderkennungseinheit ist dann noch eine Sortiereinheit, die über die Software ein Signal bekommt und eine Art Weiche bedient: nach rechts die gesunden Fische, nach links die kranken.

Wie oft durchlaufen die Fische dieses Prozedere?
Bernholz:
Wöchentlich oder auch monatlich. Manchmal auch nur einmal, wenn man zum Beispiel vor Besatz in den Teichen herausfinden möchte, ob die Fische deformiert sind. Es ist ein riesiges Anwendungsfeld, weil ja jede Fischart anders ist. Beim Zander müssen Sie zum Beispiel anfangs jede Woche sortieren, weil der sehr schnell wächst. Da kommt es schnell zu Größenunterschieden. Die würden sich dann untereinander auffressen – Kannibalismus kann ein großes Problem sein.

Wie ist die Idee entstanden?
Bernholz:
Dazu muss ich etwas ausholen. Ich habe ursprünglich Wirtschaftsingenieurwesen/Elektrische Energietechnik an der RWTH Aachen studiert und mich schon sehr früh auf erneuerbare Energien spezialisiert. Seit 2015 arbeite ich beim Energiekonzern RWE. Davor, in 2014, habe ich in Brasilien studiert und gearbeitet. Und dort, am Meer, habe ich überlegt, was ich neben meinen Hauptberuf noch so machen könnte. Sozusagen als Hobby. Irgendwie bin ich dann auf Aquakulturen gekommen – die Ozeane sind überfischt, das ist alles nicht nachhaltig und muss sich ändern. Als ich wieder zurück in Deutschland war, habe ich mit meiner Familie eine Teichanlage gekauft, in der wir inzwischen Edelkrebse züchten. Das ist eine bedrohte europäische Flusskrebsart. Damit hat das Ganze angefangen.

Ich habe mich dann immer intensiver mit dem Thema beschäftigt und irgendwann entstand die Idee, die Krustentiere nach Geschlecht zu sortieren. In dem Fall nimmt der Bestand der Tiere nämlich viel schneller zu, weil sie sich nicht mehr gegenseitig auffressen. Aus der Idee ist dann eine konkrete technische Lösung entstanden und damit auch die Idee, ein Start-up zu gründen – zusammen mit Chiara Schmitz, einer Freundin von mir, die das betriebswirtschaftliche Know-how mit einbringt.

Sie wurden vom CET an der TU Dortmund bei Ihren Gründungsvorbereitungen betreut. Wie kamen Sie auf die TU Dortmund?
Bernholz:
Ich wohne in Dortmund. Also haben wir uns bei der TU Dortmund für das STARTUP.INNOLAB (Anm. Red.: seit Juni 2021 cetup.INNOLAB) erfolgreich beworben und wurden dort durch verschiedene Beratungsleistungen unterstützt, sei es beim Schreiben des Businessplans, der Suche nach geeigneten Kapitalgebern oder anderen Vorbereitungen. Sogar unsere ersten beiden Mitarbeiter haben wir über das CET kennengelernt. Außerdem haben wir Zugang zum MakerSpace des CET im TechnologieZentrumDortmund erhalten, um unseren Prototyp herzustellen. Über das Netzwerk sind auch Kontakte zu Forschungsprojekten entstanden. So werden wir zum Beispiel von Professor Carsten Wolff vom Fachbereich Informatik der FH Dortmund, einem Verbundpartner des CET, wissenschaftlich unterstützt.

Sie und Ihre Kollegin haben beide einen Vollzeitjob. Wie schaffen Sie es, Job und Gründung unter einen Hut zu bringen?
Bernholz:
Das ist schwer, ganz klar. Aber es ist möglich. Die CET-Veranstaltungen waren meistens am Wochenende oder abends und kollidierten daher nicht mit unseren Arbeitszeiten. Man muss natürlich sehr gut organisiert sein und Mitarbeiter haben, auf die man sich verlassen kann.

Sie haben im August 2019 eseidon gegründet. Wo steht Ihr Unternehmen heute?
Bernholz:
Wir sind noch mit den Entwicklungsarbeiten beschäftigt, wissen aber, dass unser Produkt im Prinzip funktioniert. Das ist erst mal das Wichtigste für uns. Ende des Jahres sollten wir so weit sein, dass wir unseren Prototyp bei unseren Pilotkunden einsetzen können. Die haben ihren Sitz in Deutschland. Darauf haben wir uns Corona-bedingt erst einmal fokussiert. Wobei die Aquakultur hier sehr, sehr klein ist. Von daher werden wir demnächst auch unsere Fühler nach Frankreich ausstrecken.

Gibt es etwas, das Ihnen im Verlauf Ihrer Gründungsvorbereitungen besonders positiv aufgefallen ist?
Bernholz:
Die Finanzierung hat gut funktioniert. Zum einen haben wir ein Wandeldarlehen erhalten, zum anderen haben wir Förderprogramme wie Mittelstand Innnovativ, InnoScheck.RUHR oder auch einen Innovationsgutschein im Rahmen von Mittelstand Innovativ & Digital in Anspruch genommen.

Gibt es etwas, das Sie rückblickend anders machen würden?
Bernholz:
Wir hatten bis vor Kurzem kein eigenes Büro. Darum hätten wir uns viel früher kümmern müssen. Wir hatten zwar die Möglichkeit, Tests durchzuführen, aber wir hatten nie einen Ort, wo wir uns alle treffen konnten, um über die Testergebnisse zu sprechen. Das war zum einen Corona-bedingt, zum anderen lag es aber auch daran, dass ein Mitarbeiter von uns in Berlin lebte. Dadurch hat das alles sehr lange gedauert. Beim nächsten Mal würde ich alle und alles an einem Ort konzentrieren, um vor allem die Hardware-Entwicklung im Blick zu behalten. Da muss ich dabei sein, das muss ich selbst sehen können, damit ich auch die Probleme nachvollziehen kann.

Von daher ist es sehr gut, dass wir uns jetzt im CET im TechnologieZentrumDortmund relativ kurzfristig einmieten können. Außerdem erhalten wir hier weiterhin Unterstützung und Zugang zu technischem Know-how. Das läuft sehr gut, muss ich sagen.

Wie sehen denn Ihre nächsten Schritte aus? Wie soll es weitergehen?
Bernholz:
Wir suchen jemanden, der oder die Interesse daran hat, noch mit einzusteigen. Entweder als Gründerin oder Gründer oder als angestellter Geschäftsführer. Jedenfalls muss es jemand sein, der den richtigen Drive mitbringt. Außerdem wollen wir unseren Prototyp fertigstellen, weitere Pilotkunden gewinnen und das erste Gerät im ersten oder zweiten Quartal 2022 auf den Markt bringen.

Welche Tipps können Sie anderen Gründerinnen und Gründern geben?
Bernholz:
Durchhalten – auch in schwierigen Zeiten. Und immer hinterfragen, ob das wirklich gut ist, was man macht. Das frage ich mich jeden Tag. Hilfreich ist es, mit anderen Leuten aus der Branche zu sprechen. Wichtig ist auch, sich auf seine Sache zu konzentrieren. Man kann als Gründerin oder Gründer sehr viel Zeit auf irgendwelchen Events verbringen. Das bringt einen aber nicht unbedingt weiter. Jeder Mensch hat nur begrenzt Zeit, also muss man sich auf das fokussieren, was wichtig ist.

Stand: November 2021

Start-up Center.NRW fördert das Centrum für Entrepreneurship & Transfer (CET) an der TU Dortmund.